Richtlinie des BMF vom 13.02.2020, 2020-0.102.848 gültig von 13.02.2020 bis 11.05.2020

UP-4300, Arbeitsrichtlinie EWR (IS, NO, LI)

  • 5. Ursprungserzeugnisse

5.3. Ursprung durch Kumulierung

5.3.1. Bilaterale und diagonale Kumulierung mit Ursprungswaren

Eine Kumulierung ist nur mit Ursprungserzeugnissen möglich. Vormaterialien, die bereits Ursprungserzeugnisse eines Vertragsstaates bzw. eines Landes der Präferenzzone sind und als solche bereits mit Präferenznachweis eingeführt wurden, brauchen demnach - im Gegensatz zu Drittlandsmaterialien - nicht mehr ausreichend bearbeitet zu werden.

Die bilaterale Kumulierung wird zwischen zwei Partnerländern angewandt und ist laut dem jeweiligen Abkommen zwischen den zwei Vertragsländern immer möglich.

Die diagonale Kumulierung wird zwischen mehr als zwei Partnerländern angewandt und ist nur je nach Stand der Verlautbarung im Amtsblatt Serie C der EU möglich (siehe https://www.bmf.gv.at/Zollthemen/Für Unternehmenzoll/Ursprung und Präferenzenfuer-unternehmen/Panursprung-Europraeferenzen/weitere-Med Abkommeninformationen-ursprung-praeferenzen.html).

Nähere Erläuterungen und praktische Beispiele zum Thema Kumulierung können der Arbeitsrichtlinie UP-3000 Abschnitt 1.2.4. entnommen werden.

5.3.2. Volle Kumulierung

5.3.2.1. Grundsätzliches

Nach dem EWR-Abkommen ist es auch möglich, Herstellungsvorgänge in einem Vertragsstaat des EWR, die noch nicht zu einem Ursprungserzeugnis geführt haben, zu Herstellungsvorgängen in einem anderen Vertragsstaat des EWR hinzuzurechnen und beide insgesamt als einen ursprungsbegründenden Vorgang zu bewerten. Nähere Erläuterungen und praktische Beispiele zum Thema Kumulierung können der Arbeitsrichtlinie UP-3000 Abschnitt 1.2.4. entnommen werden.

5.3.2.2. Lieferantenerklärung

(1) Wird im Gebiet einer EWR-Vertragspartei eine Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 oder eine Erklärung auf der Rechnung für Ursprungserzeugnisse ausgestellt bzw. ausgefertigt, bei deren Herstellung Waren aus dem Gebiet der anderen EWR-Vertragsparteien verwendet worden sind, die im EWR be- oder verarbeitet wurden, ohne die Präferenzursprungseigenschaft zu erwerben, so wird die für diese Waren nach Maßgabe dieses Punktes abgegebene Lieferantenerklärung berücksichtigt.

(2) Die Lieferantenerklärung nach Absatz 1 dient als Nachweis für die im EWR an den betreffenden Waren vorgenommene Be- oder Verarbeitung im Hinblick auf die Entscheidung, ob die Erzeugnisse, bei deren Herstellung diese Waren verwendet worden sind, als Ursprungserzeugnisse des EWR gelten können und die übrigen Voraussetzungen des Ursprungsprotokolls erfüllt sind.

(3) Abgesehen von den Fällen des Absatzes 4 wird vom Lieferanten für jede Warensendung eine gesonderte Lieferantenerklärung in der in Anhang V (siehe Anhang 1) vorgeschriebenen Form auf einem Blatt Papier ausgefertigt, das der Rechnung, dem Lieferschein oder einem anderen Handelspapier beigefügt wird, in dem die betreffenden Waren so genau bezeichnet sind, dass die Feststellung der Nämlichkeit möglich ist.

(4) Ein Lieferant, der regelmäßig einen Kunden mit Waren beliefert, die im EWR über einen längeren Zeitraum hinweg in der gleichen Weise be- oder verarbeitet werden sollen, kann eine einmalige Lieferantenerklärung (im Folgenden ,Langzeit-Lieferantenerklärung' genannt) abgeben, die für alle weiteren Sendungen der betreffenden Waren gilt. Die Langzeit-Lieferantenerklärung gilt in der Regel bis zu einem Jahr nach dem Datum der Ausfertigung. Die Zollbehörden des Landes, in dem die Erklärung ausgefertigt wird, legen fest, unter welchen Voraussetzungen eine längere Geltungsdauer zulässig ist. Die Langzeit-Lieferantenerklärung wird vom Lieferanten in der in Anhang VI (siehe Anhang 2) vorgeschriebenen Form ausgefertigt; die betreffenden Waren müssen darin so genau bezeichnet sein, dass die Feststellung der Nämlichkeit möglich ist. Sie wird dem Kunden vor der ersten Lieferung der Waren, auf die sie sich bezieht, oder zusammen mit dieser Lieferung zur Verfügung gestellt. Der Lieferant unterrichtet seinen Kunden unverzüglich, wenn die Langzeit-Lieferantenerklärung für die betreffenden Waren nicht mehr gilt.

(5) Die Lieferantenerklärung nach den Absätzen 3 und 4 ist maschinenschriftlich oder gedruckt in einer der Sprachen, in denen das Abkommen abgefasst ist, nach den nationalen Rechtsvorschriften des Landes, in dem sie ausgefertigt wird, zu erstellen und vom Lieferanten eigenhändig zu unterzeichnen. Die Erklärung kann auch handschriftlich ausgefertigt werden; in diesem Fall ist sie mit Tinte in Druckschrift zu erstellen.

(6) Der die Erklärung ausfertigende Lieferant hat auf Verlangen der Zollbehörden des Landes, in dem die Erklärung ausgefertigt wird, jederzeit alle zweckdienlichen Unterlagen zum Nachweis der Richtigkeit der Angaben in der Erklärung vorzulegen.

Lieferantenerklärung nach Anhang V siehe Anhang 1.

Lieferantenerklärung nach Anhang VI siehe Anhang 2.

5.3.3. Drittlandsmaterialien

Die Anwendung der Kumulierung beeinträchtigt in keiner Weise die Verwendung von drittländischen Vormaterialien, sofern diese ausreichend be- oder verarbeitet werden.

5.3.4. Andorra

Erzeugnisse der HS Kapitel 25 bis 97 mit Ursprung in Andorra werden von den EWR-Ländern als Ursprungserzeugnisse der EU anerkannt.

5.3.5. San Marino

Erzeugnisse mit Ursprung in der Republik San Marino werden von den EWR-Ländern als Ursprungserzeugnisse der EU anerkannt.

5.4. Vollständig gewonnene oder hergestellte Erzeugnisse (vollständige Erzeugung)

Eine Ware gilt als vollständig im Gebiet eines Staates der jeweiligen Präferenzzone erzeugt, wenn sämtliche zu ihrer Erzeugung verwendeten Vormaterialien, mag ihr Anteil an der Ware auch noch so geringfügig sein, zur Gänze aus diesem Staat stammen.

Als vollständig erzeugt in diesem Sinne gelten ausschließlich:

a)dort aus dem Boden oder dem Meeresgrund gewonnene mineralische Erzeugnisse;

b)dort geerntete pflanzliche Erzeugnisse;

c)dort geborene oder ausgeschlüpfte und dort aufgezogene lebende Tiere;

d)Erzeugnisse von dort gehaltenen lebenden Tieren;

e)dort erzielte Jagdbeute und Fischfänge;

f)Erzeugnisse der Seefischerei und andere von eigenen Schiffen außerhalb der Küstenmeere der ausführenden Vertragspartei aus dem Meer gewonnene Erzeugnisse;

g)Erzeugnisse, die an Bord eigener Fabrikschiffe ausschließlich aus den unter Buchstabe f) genannten Erzeugnissen hergestellt werden;

h)dort gesammelte Altwaren, die nur zur Gewinnung von Rohstoffen verwendet werden können, einschließlich gebrauchter Reifen, die nur zur Runderneuerung oder als Abfall verwendet werden können;

i)bei einer dort ausgeübten Produktionstätigkeit anfallende Abfälle;

j)aus dem Meeresboden oder Meeresuntergrund außerhalb der eigenen Hoheitsgewässer gewonnene Erzeugnisse, sofern diese Vertragspartei zum Zweck der Nutzbarmachung Ausschließlichkeitsrechte über diesen Teil des Meeresbodens oder Meeresuntergrund ausübt;

k)Waren, die dort ausschließlich aus unter den Buchstaben a) bis j) aufgeführten Erzeugnissen hergestellt werden.

Die hohe See (außerhalb der Küstenmeere) hat keine Staatszugehörigkeit. Fisch, der außerhalb des Küstenmeeres eines Partnerlandes gefangen wird, gilt jedoch als vollständig gewonnen, wenn die "eigenen Schiffe" bzw. "eigenen Fabrikschiffe" folgende Kriterien erfüllen:

a)die in der ausführenden Vertragspartei ins Schiffsregister eingetragen oder dort angemeldet sind,

b)die unter der Flagge der ausführenden Vertragspartei fahren,

c)die mindestens zur Hälfte Eigentum von Staatsangehörigen der ausführenden Vertragspartei oder einer Gesellschaft sind, die ihren Hauptsitz in der ausführenden Vertragspartei hat, bei der der oder die Geschäftsführer, der Vorsitzende des Vorstands oder Aufsichtsrats und die Mehrheit der Mitglieder dieser Organe Staatsangehörige der ausführenden Vertragspartei sind und - im Fall von Personengesellschaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung - außerdem das Geschäftskapital mindestens zur Hälfte der ausführenden Vertragspartei oder öffentlich-rechtlichen Körperschaften oder Staatsangehörigen dieser Vertragspartei gehört,

d)deren Schiffsführung aus Staatsangehörigen der ausführenden Vertragspartei besteht,

und

e)deren Besatzung zu mindestens 75% aus Staatsangehörigen der ausführenden Vertragspartei besteht.