Info des BMF vom 24.07.2019, BMF-010221/0237-IV/8/2019 gültig von 01.07.2019 bis 04.05.2022

Verständigungs- und Schiedsverfahren nach Doppelbesteuerungsabkommen und dem EU-Schiedsübereinkommen

Beachte
  • Diese Info wird durch die Info des BMF vom 05.05.2022, 2022-0.300.851, ersetzt.
Diese Info befasst sich mit Verständigungs- und Schiedsverfahren nach den Doppelbesteuerungsabkommen, die auf Antrag des Abkommensberechtigten oder von Amts wegen eingeleitet werden. Sie verschafft einen Überblick über die formellen und materiellen Rahmenbedingungen dieses Verfahrens in Österreich und soll den Abkommensberechtigten als Leitfaden zum Ablauf und zur Funktionsweise eines Verständigungsverfahrens, sowie zur Beantragung eines Verständigungsverfahrens dienen.
Diese Info ersetzt die Info des BMF vom 31.03.2015, BMF-010221/0172-VI/8/2015 sowie die Rz 351-368 der öVPR 2010. Diese gelten als aufgehoben. Verfahren nach dem EU-BStbG werden in der vorliegenden Information noch nicht behandelt.

Stand 1. Juli 2019

 

A. Allgemeines zum internationalen Verständigungs- und Schiedsverfahren

A.1. Anwendungsbereich und Zielsetzung

Doppelbesteuerungsabkommen (im Folgenden DBA) haben das Ziel, Doppelbesteuerung sowie Doppelnichtbesteuerung zu vermeiden. In seltenen Fällen wird dieses Ziel jedoch nicht erreicht. Um diese zwischenstaatlichen Konflikte zu lösen, beinhalten DBA sowie das MLI und das EU-Schiedsübereinkommen Bestimmungen, die es den Vertragsstaaten erlauben, in Form von internationalen Verständigungs- und Schiedsverfahren miteinander zu kommunizieren.

Konflikte können beispielsweise dadurch entstehen, dass die Vertragsstaaten denselben Sachverhalt auf Grund unterschiedlicher Sachverhaltsbeurteilungen unter verschiedene Verteilungsnormen subsumieren und in der Folge zu einer unterschiedlichen Zuteilung der Besteuerungsrechte gelangen oder unterschiedliche Rechtsmeinungen zur Interpretation der Verteilungsnormen vertreten. Ziel von Verständigungsverfahren ist es daher, den Anspruch des Abkommensberechtigten auf abkommensgemäße Besteuerung im Rahmen des jeweiligen DBA zu verwirklichen. Sämtliche von Österreich abgeschlossene DBA enthalten Bestimmungen zur Durchführung von Verständigungsverfahren. Sie orientieren sich am Musterabkommen der OECD, weshalb nachfolgende Ausführungen mit Hinweis auf das OECD-Musterabkommen 2017 (im Folgenden OECD-MA) erfolgen, außer es wird explizit anders gekennzeichnet.

Um die als Teil des BEPS Maßnahmenpakets erarbeiteten Vorschläge in bestehende DBA zu implementieren, wurde vonseiten der OECD/G20 ein mehrseitiges Übereinkommen zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Maßnahmen (kurz MLI)1 erarbeitet, das von Österreich ratifiziert wurde und für die ersten österreichischen Abkommen bereits 2019 erstmalig wirksam wurde.2 Das MLI beinhaltet auch Maßnahmen zur Verbesserung der Streitbeilegungsmechanismen bilateraler DBA.

Innerhalb der EU können Besteuerungskonflikte zusätzlich durch das EU-Schiedsübereinkommen3 vermieden oder beseitigt werden. Ziel des EU-Schiedsübereinkommens ist die Vermeidung der Doppelbesteuerung in Fällen von abgabenbehördlichen Gewinnberichtigungen bei verbundenen Unternehmen sowie Betriebstätten innerhalb der Europäischen Union (im Folgenden EU).

Darüber hinaus können Besteuerungskonflikte ab 1. September 2019 auch nach dem EU-BStbG4 behandelt werden. Verfahren nach dem EU-BStbG werden in der vorliegenden Information noch nicht behandelt.

A.2. Arten der Verfahren und Rechtsgrundlagen

A.2.1.Verständigungsverfahren nach DBA

Rechtsgrundlagen sind die Verständigungsklauseln der einzelnen DBA in der jeweils anwendbaren Fassung (vgl. Art. 25 OECD-MA). Eine Übersicht des österreichischen DBA-Netzwerks sowie die zugehörigen Abkommenstexte können unter folgendem Link eingesehen werden: https://www.bmf.gv.at/steuern/int-steuerrecht/DBA-Liste.html.

38 der von Österreich abgeschlossenen DBA werden durch das MLI modifiziert.5 Teil V (Art. 16 und 17) des MLI zur "Verbesserung der Streitbeilegung" gleicht dabei die bestehenden Verständigungsklauseln an Art. 25 OECD-MA an. Teil VI (Art. 18 bis 26) des MLI führt in vereinzelten Fällen eine Schiedsklausel ein.6

A.2.2. EU-Schiedsübereinkommen

Die Art. 6 ff des Schiedsübereinkommens regeln das Verfahren in Fällen, in denen Gewinne eines Unternehmens zur Besteuerung in zwei (oder mehreren) Vertragsstaaten, jeweils gestützt auf den Fremdvergleichsgrundsatz (Art. 4 des Schiedsübereinkommens), herangezogen wurden. Grundsätzlich gliedert sich das Verfahren nach dem EU-Schiedsübereinkommen in zwei Phasen: einem Verständigungsverfahren nach dem Vorbild des OECD-MA und einem gegebenenfalls anschließenden Schiedsverfahren.

A.3. Zuständige Behörden

Zuständige Behörden sind i.d.R. die Zentralstellen der Steuerverwaltungen (Art. 3 OECD-MA und nachempfundene DBA-Bestimmungen, Art. 3 EU-Schiedsübereinkommen). In Österreich nimmt das BMF (Abt. IV/8, Internationales Steuerrecht) diese Aufgaben wahr.

Adresse:

Bundesministerium für Finanzen
Abteilung für Internationales Steuerrecht (IV/8)
Johannesgasse 5
1010 Wien

E-Mail: post.iv-8@bmf.gv.at

A.4. Empfehlungen der OECD zur Führung von Verständigungsverfahren

Österreich folgt bei der Führung von Verständigungsverfahren den von der OECD hierzu erarbeiteten Empfehlungen.

Die OECD hat im Jahr 2007 ein Handbuch zum Verständigungsverfahren (Manual on Effective Mutual Agreement Procedures - MEMAP) veröffentlicht.7 Es enthält eine Zusammenstellung von 24 "best practices" zur Verbesserung von Verständigungsverfahren. Das Ziel ist die Förderung der Effizienz, denn es wird befürchtet, dass eine Zunahme von internationalen Steuerstreitigkeiten zu einem Hindernis für internationale Geschäftstätigkeiten führen wird.

Mit dem BEPS Projekt der OECD/G20 wurde ein "umfassendes Maßnahmenpaket" vereinbart, welches unter anderem auch die Verbesserung der Streitbeilegung bezweckt. In diesem Sinne hat der BEPS Aktionspunkt 14 zur "Verbesserung der Wirksamkeit von Streitbeilegungsmechanismen" die wirksame und zeitnahe Streitbeilegung im Wege des Verständigungsverfahrens zum Ziel.8

B. Verständigungsverfahren nach DBA

B.1. Arten der DBA-Verständigungsverfahren

Die Verständigungsklauseln der DBA eröffnen den DBA-Partnerstaaten die Möglichkeit, im Wege ihrer zuständigen Behörden in unmittelbaren Kontakt zu treten. Es ist nicht nötig, den sonst im Verkehr zwischen den Staaten üblichen Weg der Einschaltung der diplomatischen Vertretungsbehörden einzuhalten.

Dieser unmittelbare Kontakt ist in folgenden drei Fällen möglich:

  • zur Lösung von abkommenswidrigen Besteuerungskonflikten in Einzelfällen (Einzelfall-Verständigungsverfahren), z.B. wenn die Vertragsstaaten von unterschiedlichen Sachverhaltskonstellationen ausgehen - dies ist der Hauptanwendungsfall für Verständigungsverfahren;
  • zur Herbeiführung einer einheitlichen DBA-Auslegung oder zur Einigung über Durchführungsfragen (allgemeine Konsultationsverfahren), z.B. um sich auf eine einheitliche Auslegung bestimmter im DBA verwendeter Begriffe zu verständigen oder um die Verwendung bestimmter zwischenstaatlicher Formulare abzuklären - allgemeine Konsultationsverfahren werden grundsätzlich von Amts wegen eingeleitet; und
  • zur Vermeidung von Doppelbesteuerung, die außerhalb des Anwendungsbereichs des Abkommens liegt (DBA-ergänzende Konsultationsverfahren), z.B. Verständigungsverfahren im Hinblick auf Verrechnungspreisberichtigungen zwischen zwei Betriebstätten eines in einem Drittstaat ansässigen Stammhauses, siehe OECD-MK Art. 25 Rz. 37.

Ein Verständigungsverfahren kann multilateral geführt werden, wenn die Streitfrage mehr als zwei Länder betrifft und alle Staaten untereinander über die erforderlichen Rechtsgrundlagen (idR entsprechende DBA-Klauseln) verfügen.

B.2. Einleitung des Verständigungsverfahrens

Einzelfall-Verständigungsverfahren gem. Art. 25 Abs. 1 und Abs. 2 OECD-MA sind auf Antrag des Abkommensberechtigten möglich. Allgemeine und DBA-ergänzende Konsultationsverfahren gem. Art. 25 Abs. 3 OECD-MA werden hingegen von Amts wegen eingeleitet.

B.2.1. Verständigungsverfahren über Antrag

B.2.1.1. Antragstellung, Antragsfristen und Antragsstaat

Der Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens stellt eine Anregung dar. Der Antrag ist schriftlich beim BMF einzureichen. Die Antragstellung setzt voraus, dass eine abkommenswidrige Besteuerung vorliegt oder droht.

Die Antragstellung erfolgt durch den Abkommensberechtigten oder einen bevollmächtigten Vertreter. Voraussetzung ist, dass der Abkommensberechtigte in Österreich i.S.d. Abkommens ansässig oder in Fällen einer Diskriminierung aus Gründen der Staatsbürgerschaft österreichischer Staatsangehöriger ist (vgl. Art. 25 Abs. 1 OECD-MA 2014).9 Bei verbundenen Unternehmen ist ein Verständigungsverfahren grundsätzlich im Ansässigkeitsstaat der Muttergesellschaft zu beantragen, wenn diese Transaktionspartner war.

Beispiel 1:

Im Zuge einer Außenprüfung bei einer inländischen Konzerngesellschaft wird gemäß § 138 BAO Aufklärung über die Höhe des Veräußerungspreises für die Übertragung von selbstgeschaffenen Patenten auf eine nahestehende ausländische Patentverwertungsgesellschaft verlangt. Handelt es sich bei der ausländischen Patentverwertungsgesellschaft um die Muttergesellschaft der österreichischen Gesellschaft, dann müsste die Verfahrenseinleitung grds im Ausland erfolgen. Wenn es sich bei der ausländischen Gesellschaft jedoch um eine Schwestergesellschaft mit gemeinsamer Obergesellschaft in einem anderen Staat handelt, kann die Verfahrenseinleitung entweder im Staat der Schwestergesellschaft oder in Österreich beantragt werden.

Beispiel 2:

Eine deutsche GmbH ist zu 100% an einer operativen, österreichischen KG beteiligt und verfügt daher in Österreich über eine Personengesellschaftsbetriebstätte. Wenn diese KG in osteuropäischen Ländern Vertriebs-Betriebstätten unterhält, wobei die in diesen Ländern erklärten Gewinnteile im Rahmen von örtlichen Steuerprüfungen erhöht wurden und wenn auf österreichischer eine Gegenberichtigung vorgenommen werden kann, weil sich die Feststellungen der osteuropäischen Steuerverwaltungen - unter Anwendung der einschlägigen OECD-Verrechnungspreisleitlinien - als unberechtigt herausstellen, dann kann die deutsche GmbH in Österreich den Antrag auf Einleitung von Verständigungsverfahren mit den Oststaaten stellen. Die Rechtsgrundlage für eine österreichische Kontaktaufnahme mit den Oststaaten wäre dann in Art. 25 Abs. 3 letzter Satz der OECD-konformen Abkommen mit diesen Staaten gegeben; denn durch diese Bestimmung wird die Führung eines Verständigungsverfahrens auch in Fällen zulässig, "die im Abkommen nicht behandelt sind" (EAS 2796).

Beispiel 3:

Betrifft eine Verrechnungspreiskorrektur die grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen zwischen zwei Betriebstätten einer in einem dritten Staat ansässigen Gesellschaft, wäre das Verständigungsverfahren zunächst im Stammhausstaat einzuleiten. Ungeachtet des Umstandes, dass sich das im dritten Staat ansässige Unternehmen nicht auf das DBA zwischen den beiden Betriebstättenstaaten berufen kann, kann dennoch das Verfahren selbst auch zwischen den beiden Betriebstättenstaaten geführt werden.

Nach dem OECD-MA muss ein Fall innerhalb von drei Jahren nach der ersten Mitteilung der Maßnahme unterbreitet werden, die zu einer dem Abkommen nicht entsprechenden Besteuerung führt oder führen wird. Dies entspricht auch dem Mindeststandard des Aktionspunktes 14, der durch Art. 16 Abs. 1 MLI umgesetzt wird. Für die Fristwahrung ist der Zeitpunkt des Eingangs des Antrags beim BMF maßgeblich. Die Frist für die Antragstellung beginnt erst mit Zustellung des relevanten Bescheids zu laufen, ein Verständigungsverfahren kann jedoch auch vor Ergehen eines Bescheids beantragt werden. Wird der Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens vor Ergehen des Steuerbescheids gestellt, kann die Steuerfestsetzung - soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind - vorläufig erfolgen (§ 200 BAO).

Beispiel 4:

Im Zuge einer Außenprüfung bei einer inländischen Konzerngesellschaft wird gemäß § 138 BAO Aufklärung über die Höhe des Veräußerungspreises betreffend die Übertragung von selbstgeschaffenen Patenten auf eine nahestehende ausländische Patentverwertungsgesellschaft verlangt (siehe Beispiel 1) und um Bekanntgabe der Höhe der von der ausländischen Konzerngesellschaft nach Lizenzrechtserwerb vereinnahmten Lizenzgebühren ersucht. Ist die inländische Gesellschaft der Auffassung, dass der Veräußerungspreis auf Grund der angestellten Prognoseberechnungen einem Fremdvergleich standhält, weigert sich aber gleichzeitig der Konzern, die von der Abgabenbehörde benötigten Daten offenzulegen und ist folglich mit einer Erhöhung des Veräußerungserlöses im Schätzungsweg zu rechnen, kann bereits zu diesem Zeitpunkt die Einleitung des Verständigungsverfahrens beantragt werden.

Die Verständigungsklauseln einiger nicht vom MLI erfassten DBA Österreichs enthalten jedoch besondere - vom OECD-MA abweichende - Fallfristen für die Antragstellung (siehe Anlage 2), welche ebenfalls ab der ersten Mitteilung bzw. Kenntnis der abkommenswidrigen Besteuerungsmaßnahme zu laufen beginnen. Es ist in jedem Fall empfehlenswert, einen Antrag möglichst unverzüglich nach Bekanntwerden der zu einer abkommenswidrigen Besteuerung führenden Maßnahme zu stellen.

Sollte ein DBA keine Antragsfrist enthalten und auch das MLI im Verhältnis zum jeweiligen Staat nicht zur Anwendung kommen, so ist die Einleitung eines Verständigungsverfahrens innerhalb der innerstaatlichen verfahrensrechtlichen Verjährungsfristen möglich.

Einem Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens steht aus österreichischer Sicht nicht entgegen, dass ein Rechtsmittel anhängig oder der Rechtsmittelweg noch nicht ausgeschöpft ist.

Ein Verständigungserfahren kann nicht anstelle eines Rückerstattungsantrages ausländischer Quellensteuern beantragt werden. Folglich kommt ein Verständigungsverfahren i.Z.m. der Rückerstattung ausländischer Quellensteuern nur in Betracht, wenn ein Rückerstattungsantrag von einer ausländischen Finanzverwaltung abgelehnt wurde oder wenn ein Rückerstattungsantrag aus anderen Gründen, z.B. mangels Reaktion der ausländischen Finanzverwaltung, nicht erfolgreich zu sein scheint.

Erstreckt sich der Sachverhalt, der zur nicht abkommenskonformen Besteuerung führt, auf mehrere Steuerjahre, für welche bereits Steuererklärungen abgegeben wurden, können alle Steuerjahre von einem Antrag erfasst werden. Wird erst während des Verfahrens ersichtlich, dass die Streitfrage weitere Steuerjahre betrifft, kann der Antrag nachträglich ausgedehnt werden. Dies hat innerhalb der maßgeblichen Antragsfrist für das jeweilige Steuerjahr i.S.d. DBA zu geschehen.

B.2.1.2. Inhalt des Antrags

Der Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens hat sich auf den jeweiligen Verständigungsartikel des anzuwendenden DBA zu beziehen. Der Antrag hat folgende Angaben zu enthalten:

  • Name sowie ggf. Geburtsdatum des Abkommensberechtigten;
  • Anschrift/Sitz;
  • Steuernummer;
  • zuständiges Finanzamt;
  • Ansprechpartner für Rückfragen des BMF auf Seiten des Abkommensberechtigten (ggf. inkl. Telefonnummer und E-Mail-Adresse);
  • ggf. Kontaktdaten des steuerlichen Vertreters und eine Kopie der Vollmacht;
  • genaue Sachverhaltsdarstellung inkl. ggf. Informationen über die Beziehungen zwischen den vom Antrag erfassten Abkommensberechtigten (z.B. Beteiligungsstruktur und -verhältnisse);
  • betroffener Besteuerungszeitraum;
  • Steuerbemessungsgrundlage, die nach Auffassung des Abkommensberechtigten nicht abkommenskonform behandelt wird;
  • Darlegung, inwiefern nach Auffassung des Abkommensberechtigten die Besteuerung nicht dem Abkommen entspricht;
  • Angaben über anhängige, geplante oder rechtskräftig entschiedene Rechtsmittel in der antragsgegenständlichen Angelegenheit im In- oder Ausland sowie etwaige in anderen Staaten beantragte Verständigungsverfahren (inkl. zugehöriger Unterlagen)
  • Geeignete Dokumentation (z.B. Steuerbescheide, Betriebsprüfungsbericht, etwaige Vorabauskünfte, APAs usw.) aus dem In- und Ausland, die für das Verständigungsverfahren bedeutsam sein kann (z.B. Beleg über die Doppelbesteuerung). Dazu gehören auch Informationen, die eine Überprüfung der fristgerechten Einreichung des Antrags ermöglichen;
  • Erklärung, dass die vorgelegten Unterlagen richtig und vollständig sind und der Abkommensberechtigte zur Beendigung des Verständigungsverfahrens in angemessener Zeit beitragen wird.

Der Antrag ist grundsätzlich auf Deutsch zu stellen, wobei in allen Fällen, in denen das Verständigungsverfahren in einer anderen Sprache geführt wird, eine Einreichung übersetzter Unterlagen zweckmäßig sein wird.

Wenn das BMF einen Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens erhält, übermittelt es dem Antragsteller eine Empfangsbestätigung oder ersucht ggf um Ergänzung des Antrages innerhalb einer im Einklang mit der Komplexität der angeforderten Informationen gesetzten Frist. Darüber hinaus wird die zuständige Behörde des DBA-Partnerstaates sowie das zuständige Finanzamt ehestmöglich über den Antrag informiert.

Ist der vom Abkommensberechtigten eingereichte Antrag unvollständig oder sind zusätzliche Informationen erforderlich, so ergeht ein Ergänzungsersuchen. Für die Nachreichung zusätzlich angeforderter Informationen wird eine Frist gesetzt, welche im Einklang mit der Komplexität der angeforderten Informationen steht. Als Richtwert dient eine Frist von sechs Wochen. Auf Ersuchen des Abkommensberechtigten kann diese Frist auch einmalig verlängert werden. Der Antrag auf Verlängerung der Frist kann schriftlich oder per E-Mail gestellt werden. Die Entscheidung darüber, ob die zuständige Behörde ein erneutes Ergänzungsersuchen stellt, falls die nachgereichten Unterlagen weiterhin nicht den Anforderungen an einen Antrag entsprechen, oder den Antrag als unbegründet zurückweist, ist eine Ermessensentscheidung. Bei der Ausübung des Ermessens sind auch die Komplexität der angeforderten Informationen sowie die bisher zugestandene Nachfrist zu berücksichtigen.

B.2.1.3. Vorverfahren zur Prüfung des Einleitungserfordernisses

Sobald ein vollständiger Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens vorliegt, wird geprüft, ob dem Begehren des Abkommensberechtigten durch innerstaatliche Maßnahmen abgeholfen werden kann. Für die Einleitung eines Verständigungsverfahrens müssen die Voraussetzungen zur Einleitung erfüllt sein, insb.:

  • Abkommensberechtigung;
  • Drohende oder bereits eingetretene abkommenswidrige Besteuerung;
  • Einhaltung allfälliger Fristen;
  • Rechtfertigung der Einwände;
  • Vollständiger Antrag.

Hält die zuständige Behörde die Einwendung für begründet, leitet sie das Verständigungsverfahren ein. Das Vorliegen der Voraussetzungen wird auch bei Antragstellung im Ausland überprüft. Dem von der anderen zuständigen Behörde gestellten Einleitungsersuchen für das Verfahren wird nur entsprochen, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind.

Eine zwischen dem Abkommensberechtigten und der Finanzverwaltung im Rahmen einer Betriebsprüfung erzielte Einigung steht der Einleitung eines Verständigungsverfahrens nicht entgegen (siehe OECD-MK 2017, Art. 25, Rz. 45.1). Ebenso steht der Einleitung des Verständigungsverfahrens nicht entgegen, dass im relevanten Fall unter Umständen eine innerstaatliche oder abkommensrechtliche Anti-Missbrauchsregel (wie z.B. § 22 BAO) anwendbar sein könnte (siehe auch OECD-MK 2017, Art. 25, Rz. 26).

Teil VI des MLI regelt zwar das Schiedsverfahren, enthält allerdings auch einige Sonderregeln für das Verständigungsverfahren. Im Falle jener Abkommen, welche durch die Anwendung des Teils VI modifiziert werden (siehe Anhang 3), sind daher diese Regeln für das Verständigungsverfahren zu beachten. Gem. Art. 19 Abs. 5 und 6 MLI hat die zuständige Behörde, bei welcher der Antrag auf Verständigungsverfahren eingeht, dem betroffenen Abkommensberechtigten innerhalb von zwei Kalendermonaten eine Eingangsbestätigung zu übermitteln, sowie den anderen Vertragsstaat über den Antrag zu informieren. Weiters haben die beiden Vertragsstaaten nach Erhalt des Antrags auf Einleitung des Verständigungsverfahrens bzw. der Mitteilung darüber drei Kalendermonate Zeit, um vom Abkommensberechtigten Zusatzinformationen anzufordern oder diesem mitzuteilen, dass die für eine sachliche Prüfung des Falls erforderlichen Informationen vorliegen.

B.2.1.4. Vermeidung der Doppelbesteuerung für die Dauer des Verständigungsverfahrens

Neben der Möglichkeit, einen Antrag auf Stundung (§ 212 BAO) oder auf Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO) bei Erfüllung der gesetzlich normierten Voraussetzungen einzubringen, kann der Abgabepflichtige die Erlassung eines auf § 48 BAO gestützten Bescheides beim BMF anregen.

Eine Maßnahme nach § 48 BAO muss zur Ausgleichung der in- und ausländischen Besteuerung erforderlich sein. Eine vorübergehende Entlastung nach § 48 BAO kann daher nicht gewährt werden, wenn die Aussetzung der Einhebung gewährt wurde oder auf Antrag möglich wäre. Da die amtswegige Ermittlungspflicht bei auf die Erwirkung abgabenrechtlicher Begünstigungen gerichteten Verfahren in den Hintergrund tritt, ist der Antrag im Interesse des Antragstellers nachvollziehbar zu begründen (betragsmäßige Darstellung, ausländische Besteuerungsnachweise usw.).

Die Erlassung von Begünstigungsbescheiden gemäß § 48 BAO liegt im Ermessen des BMF. I.d.R. wird ein Bescheid für die Dauer des Verständigungsverfahrens oder von max. zwei Jahren im Wege der Anrechnungsmethode erlassen. Folgebescheide sind möglich. Wenn ein § 48 BAO-Bescheid entfällt oder ausläuft, können Anspruchszinsen anfallen.

Eine vorübergehende Entlastung kann nicht gewährt werden, wenn die Einbringlichkeit der Abgabe gefährdet ist. Die vorübergehende Entlastung geringfügiger Beträge oder lediglich drohender Doppelbesteuerung ist aus verfahrensökonomischen Gründen nicht zweckmäßig. Die bloße Doppelbesteuerung bedingt noch keine besondere Unbilligkeit. Allfällige besondere Unbilligkeiten (z.B. Liquiditätsengpässe) sind im Antrag anzugeben.

B.2.2. Amtswegige Verständigungsverfahren

Im allgemeinen Konsultationsverfahren (Art. 25 Abs. 3 1. Satz OECD-MA) sollen Fragen von allgemeiner Bedeutung im grenzüberschreitenden Einvernehmen gelöst werden. Es geht einerseits um die Herbeiführung einer einheitlichen DBA-Auslegung (Bedeutung der Abkommensbestimmungen aus ihrem Zusammenhang heraus) und andererseits um die Einigung über die DBA-Durchführung (z.B. über die aufzulegenden Formulare, über den Ablauf des Rückzahlungsverfahrens, über die Erteilung von Ansässigkeitsbescheinigungen etc.). Die Ergebnisse allgemeiner Konsultationsverfahren werden i.d.R. im Erlass- oder Verordnungsweg durch das BMF kundgemacht.

DBA-ergänzende Konsultationsverfahren (Art. 25 Abs. 3 2. Satz OECD-MA) räumen den DBA-Partnerstaaten die Möglichkeit eines unmittelbaren Verkehrs zwischen den zuständigen Behörden auch in Fällen ein, in denen eine Doppelbesteuerung eintritt, die außerhalb des Anwendungsbereichs des DBAs liegt. Dieses Verfahren dient dazu, die Instrumentarien des innerstaatlichen Rechts in einer den reziproken Bedürfnissen entsprechenden Art und Weise für die Lösung der Doppelbesteuerungsprobleme nutzbar zu machen.

B.2.3. Vorgehensweise bei Einleitung des Verständigungsverfahrens im Ausland

Zunächst prüft das BMF das Vorliegen der formellen Voraussetzungen. Anschließend wird das zuständige Finanzamt vom ausländischen Einleitungsschreiben in Kenntnis gesetzt und, falls erforderlich, zur Stellungnahme aufgefordert.

B.3. Gang des Verständigungsverfahrens

Das BMF führt das Verständigungsverfahren in unmittelbarem Verkehr mit der zuständigen Behörde des anderen Staates. Das örtlich zuständige Finanzamt und der Abkommensberechtigte werden über den Inhalt und den wesentlichen Fortgang des Verfahrens unterrichtet. Soweit erforderlich, wird das örtlich zuständige Finanzamt beauftragt, den Sachverhalt (ergänzend) zu ermitteln.

Die Steuerverwaltungen tauschen im Rahmen des Verständigungsverfahrens Positionspapiere aus; gegebenenfalls kommt es auch zu persönlichen Verständigungsgesprächen.

Alle Angaben, die dem BMF im Rahmen eines Verständigungsverfahrens bekannt werden, unterliegen der Geheimhaltungspflicht gem. § 48a BAO. Die Bestimmungen über den Datenschutz in §§ 48d ff BAO sind anwendbar. Etwaige in den anwendbaren DBA (etwa Art. 26 OECD-MA) verankerte Geheimhaltungspflichten bleiben davon unberührt.

B.4. Stellung des Abkommensberechtigten im Verständigungsverfahren

Das Verständigungsverfahren gliedert sich grob in zwei Verfahrensteile. Die BAO ist nur auf den ersten, rein innerstaatlichen Abschnitt des Verständigungsverfahrens - dh. zwischen BMF und Abkommensberechtigten - anwendbar.

Der Abkommensberechtigte hat in der ersten Phase, nicht jedoch im späteren Verfahren zwischen den Finanzverwaltungen (zweite Phase), gegenüber dem BMF Parteistellung i.S.d. § 78 BAO sowie alle damit verbundenen Rechte. Das BMF hat bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 90 BAO Akteneinsicht zu gewähren, diese erstreckt sich jedoch nicht auf die Dokumente, welche von ausländischen Behörden erstellt oder übermittelt wurden (z.B. Positionspapiere), da diese nicht Teil des Steuerakts sind.

Der Abkommensberechtigte unterliegt dem BMF gegenüber auch allen Pflichten i.S.d. BAO, wie z.B. der Offenlegungspflicht i.S.d. §§ 119 und 139 BAO, der erhöhten Mitwirkungspflicht i.S.d. § 115 BAO, den Anzeigepflichten i.S.d. §§ 120 ff BAO usw. Daher ist der Abkommensberechtigte verpflichtet, durch die Darlegung seiner Verhältnisse und ggf. durch die Vorlage von Beweismitteln zur Führung des Verständigungsverfahrens beizutragen.

Der zwischenstaatliche Verfahrensabschnitt des Verständigungsverfahrens, d.h. die Kommunikation und die Verhandlungen mit der/den ausländischen Behörde(n), findet außerhalb des Anwendungsbereichs der BAO statt. Folglich hat der Antragsteller in diesem Verfahrensabschnitt weder Parteistellung, noch die damit verbundenen Rechte. Dies entspricht auch der Konzeption der OECD, welche dem Abkommensberechtigten keine Parteistellung in dieser Phase des Verfahrens einräumt (siehe OECD-MK 2017 Art. 25 Rz. 36 ff).

B.5. Abschluss des Verständigungsverfahrens

Das Verständigungsverfahren endet im Allgemeinen mit einer schriftlichen Verständigungslösung zwischen den Vertragsstaaten (z.B. abschließender Briefwechsel beider DBA-Staaten).

Wenn sich die Vertragsstaaten auf keine Lösung einigen können, scheitert das Verständigungsverfahren. Der Abkommensberechtigte hat keinen Rechtsanspruch auf eine Einigung. Nur wenn das anwendbare Abkommen eine Schiedsklausel enthält (siehe Kapitel C und Anlage 3), besteht für die von der Doppelbesteuerung betroffenen Personen eine Garantie, dass die Doppelbesteuerung beseitigt wird.

B.6. Umsetzung des Verständigungsverfahrens

B.6.1. Information an die zuständige Abgabenbehörde und Umsetzung der Verständigungslösung

Das zuständige Finanzamt wird vom Ergebnis des Verständigungsverfahrens in Kenntnis gesetzt. Ihm obliegt eine allfällige Umsetzung.

B.6.2. Information an den Abkommensberechtigten und Umsetzung der Verständigungslösung

Dem Abkommensberechtigten ist die getroffene Verständigungsvereinbarung zur Kenntnis zu bringen. Für die Wirksamkeit der Verständigungslösung ist die Zustimmung des Abkommensberechtigten nicht erforderlich.

B.6.3. Verhältnis zwischen Verständigungsverfahren und Rechtsmittelverfahren

Einem Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens steht aus österreichischer Sicht nicht entgegen, dass ein Rechtsmittel anhängig oder der Rechtsmittelweg noch nicht ausgeschöpft ist. Eine Aussetzung des Beschwerdeverfahrens gem. § 271 BAO kann beantragt werden. Das zuständige Finanzamt kann die Beschwerdevorentscheidung bei Vorliegen der notwendigen Voraussetzungen gem. § 271 Abs. 1 BAO bis zur Beendigung des Verständigungsverfahrens aussetzen.

Zu beachten ist, dass das BMF im Verständigungsverfahren von der Entscheidung des Gerichts nicht abweichen kann. Für Entscheidungen des BFG ergibt sich dies aus § 278 Abs. 3 BAO bzw. § 279 Abs. 3 BAO. Im Falle von VwGH-Entscheidungen ist § 63 VwGG zu beachten. Dies trifft auch auf andere Staaten zu.10 Der Abkommensberechtigte sollte daher ggf. prüfen, welches der Verfahren er verfolgen möchte.

Sollte ein Verständigungsverfahren scheitern, steht es dem Abkommensberechtigten frei, etwaige ausgesetzte Rechtsmittel fortzusetzten.

Im Anwendungsbereich des Teils VI des MLI (siehe B.2.1.3 sowie Anhang 3), stellt Art. 19 Abs. 2 das Verhältnis zwischen Verständigungsverfahren und Rechtsmittelverfahren klar. Eine zuständige Behörde kann ein Verständigungsverfahren aussetzen, bis eine Gerichtsentscheidung ergeht. Eine solche Aussetzung des Verfahrens ist auch aus anderen Gründen - bei Einigung zwischen der zuständigen Behörde und dem Abkommensberechtigten - möglich.

B.6.4. Verfahrensrechtliche Aspekte der Umsetzung

Die Verständigungsvereinbarung ist ungeachtet der Fristen des innerstaatlichen Rechts, insb. Rechtskraft und Verjährung, der Vertragsstaaten umzusetzen (Art. 25 Abs. 2 letzter Satz OECD-MA). Auch die zehnjährige absolute Verjährung steht daher einer korrespondierenden Umsetzung der im Verständigungsverfahren vereinbarten Korrekturen nicht entgegen.

Die Umsetzung einer Verständigungsvereinbarung kann - je nach Sachverhalt - im Wege einer Nachsicht gem. § 236 BAO, einer Abänderung des Bescheides gem. § 295a BAO (rückwirkendes Ereignis, bis zum Ablauf der Verjährung), einer Aufhebung des Bescheides gem. § 299 BAO (innerhalb eines Jahres) oder einer Wiederaufnahme gem. § 303 BAO (Antrag bis zum Ablauf der Verjährung) erfolgen. Schließlich steht auch das Instrumentarium der unilateralen Entlastung gem. § 48 BAO zur Verfügung, auf Grund dessen eine Anpassung des Bescheides nach § 295 Abs. 3 BAO erfolgen kann. In diesem Fall obliegt die Umsetzung des Ergebnisses eines Verständigungsverfahrens nicht mehr alleine dem zuständigen Finanzamt, sondern es ist eine Mitwirkung des BMF erforderlich. Zudem werden Anspruchszinsen gem. § 205 BAO (Nachforderungszinsen oder Gutschriftzinsen) eingefordert bzw. ausbezahlt.

B.7. Kosten

Die Vertragsstaaten tragen die ihnen durch das Verständigungsverfahren entstandenen Kosten selbst. Die dem Abkommensberechtigten entstandenen Kosten werden nicht ersetzt.

B.8. Verständigungsverfahren und Verrechnungspreise

Wenn die Partnerstaaten unterschiedliche Auffassungen über den zwischen verbundenen Unternehmen i.S.d. Art. 9 OECD-MA anzuwendenden Verrechnungspreis oder über die Aufteilung des Gewinns zwischen einer Betriebsstätte und einem in einem anderen Staat gelegenen Stammhaus i.S.d. Art. 7 OECD-MA oder Art. 4 EU-Schiedsübereinkommen vertreten, dann kann es zur wirtschaftlichen Doppelbesteuerung kommen. Um diese wirtschaftliche Doppelbesteuerung zu vermeiden, steht das Rechtsinstitut des Verständigungsverfahrens zur Verfügung.

Hinsichtlich der besonderen Fragestellungen i.Z.m. Verrechnungspreisen sind die österreichischen Verrechnungspreisrichtlinien sowie die OECD-Verrechnungspreisleitlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen, in der jeweils geltenden Fassung, anwendbar.

Das Verständigungsverfahren steht in Österreich für Verrechnungspreisfälle offen, unabhängig davon, ob das DBA mit dem Partnerstaat eine Art. 9 Abs. 2 OECD-MA nachgebildete Bestimmung enthält oder nicht. Auch bei Fehlen einer solchen Regelung hat Österreich eine Gegenberichtigung zu gewähren, sofern die Primärberichtigung dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht (siehe Anlage 2.1.).

Auch vom (ausländischen) Abkommensberechtigten ausgehende nachträgliche Berichtigungen der Verrechnungspreise aus Vorjahren können Gegenstand eines Verständigungsverfahrens sein.

C. Schiedsverfahren nach DBA

C.1. Allgemeine Grundsätze des Schiedsverfahrens nach dem OECD-MA

C.1.1. Allgemeines

Um nicht enden wollende Verständigungsverfahren zu vermeiden und auch deren Wirksamkeit zu erhöhen, enthält das OECD-MA seit 2008 in einem neuen Absatz 5 den Vorschlag für ein verbindliches Schiedsverfahren. Das Schiedsverfahren ist keine Alternative zu einem Verständigungsverfahren, sondern dessen Bestandteil (OECD-MK Art. 25 Rz. 5 und 64). Als Gegenstand eines Schiedsverfahrens kommen grundsätzlich alle Besteuerungskonflikte in Frage, die auch zu einem Verständigungsverfahren führen können (OECD-MK Art. 25 Rz. 68).

Einige österreichische Abkommen enthalten in ihren Verständigungsklauseln Regelungen für ein internationales Schiedsverfahren für den Fall, dass ein Besteuerungskonflikt innerhalb einer bestimmten Frist nicht im regulären Verständigungsverfahren bereinigt werden konnte. Diese sog. Schiedsklauseln sind in den einzelnen Abkommen unterschiedlich ausgestaltet (siehe Anlage 3). Zusätzlich werden durch das MLI neue Schiedsklauseln eingeführt (siehe Anlage 3).

C.1.2. Art. 25 Abs. 5 OECD-MA

Wurde innerhalb von 2 Jahren nach Unterbreitung des Streitfalles mit dem anderen Vertragsstaat keine Lösung im Verständigungsverfahren erzielt, kann ein Antrag auf Einleitung eines Schiedsverfahrens gestellt werden (OECD-MK Rz. 63, Rz. 70 und Rz. 75). Grundsätzlich muss die abkommenswidrige Besteuerung bereits eingetreten sein, d.h. dass die Steuer bereits festgesetzt sein muss oder in sonstiger Weise dem Abkommensberechtigten mitgeteilt worden sein muss. Eine bloß drohende Doppelbesteuerung lässt die 2-Jahresfrist zur Beendigung des Verständigungsverfahrens und Einleitung eines Schiedsverfahrens noch nicht zu laufen beginnen (OECD-MK Art. 25 Rz. 72).

Der Schiedsspruch entfaltet lediglich hinsichtlich der im konkreten Verfahren unterbreiteten Streitpunkte Bindungswirkung und ist daher nicht präjudiziell für andere Verfahren (OECD-MK Art. 25 Rz. 83). Sofern der betroffene Abkommensberechtigte dem Ergebnis des Schiedsverfahrens nicht widerspricht, entfaltet der Schiedsspruch für beide Staaten verbindliche Wirkung. Die zuständigen Behörden können mit Zustimmung des unmittelbar Betroffenen - analog zu Art. 12 EU-Schiedsübereinkommen - vom Schiedsspruch durch einvernehmliche Lösung abweichen, wenn dies im Abkommenswortlaut in Abweichung zum Standardtext des OECD-MA vorgesehen ist (OECD-MK Art. 25 Rz. 84).

Sonderfall Deutschland: Wird ein Verständigungsverfahren mit Deutschland nicht innerhalb von 3 Jahren ab Verfahrenseinleitung abgeschlossen, ist der Abgabepflichtige, der das Verständigungsverfahren beantragt hat, gemäß Art. 25 Abs. 5 DBA-Deutschland berechtigt, die Vorlage des Streitfalles an den Europäischen Gerichtshof zur Durchführung eines Schiedsverfahrens nach Art. 239 EG-Vertrag (Art. 273 AEUV) zu verlangen.

C.1.3. Verhältnis zwischen Schiedsverfahren und Rechtsmittelverfahren

Die Einleitung eines Schiedsverfahrens ist gem. Art. 25 Abs. 5 nicht möglich, wenn eine Entscheidung eines Gerichts oder Verwaltungstribunals in einem der beiden Staaten zu dem Fall bereits ergangen ist (OECD-MK Art. 25 Rz. 76). Dem Antrag zur Durchführung eines Schiedsverfahrens ist daher eine schriftliche Erklärung der involvierten Personen beizulegen, dass bisher zu den vorgelegten Fragen keine Gerichtsentscheidung in den beiden Vertragsstaaten ergangen ist (siehe Pkt. 1 der Mustervereinbarung im Anhang zum OECD-MK Art. 25).

Sofern das Rechtsmittelverfahren ausgesetzt wird, bestehen keine Bedenken, ein Schiedsverfahren aufzunehmen. Dem Abkommensberechtigten steht nach Abschluss des Schiedsverfahrens die Möglichkeit offen, den Schiedsspruch anzunehmen oder das Rechtsmittelverfahren weiter zu verfolgen (OECD-MK Art. 25 Rz. 77).

C.1.4. Verfahrensweg des OECD-Verständigungs- und Schiedsverfahrens

 

Schema: Verfahrensweg des OECD-Verständigungs- und Schiedsverfahrens 

C.2. Schiedsverfahren nach dem MLI

Die Art. 18 bis 26 MLI (Teil VI) bieten die Möglichkeit, eine Schiedsklausel in DBA aufzunehmen. Die Schiedsklausel kann aber nur dann in ein Abkommen Eingang finden, wenn beide Vertragsstaaten:

  • das MLI auf ein Abkommen anwenden,
  • für die Anwendung des Teils VI des MLI auf das Abkommen optiert haben, und
  • die Optionen und Vorbehalte die Anwendung nicht ausschließen.

Im Anhang 3 sind die Abkommen angeführt, auf welche Teil VI (voraussichtlich) Anwendung findet.

Zudem hat Österreich den Anwendungsbereich des Teils VI durch einen frei formulierbaren Vorbehalt gem. Art. 28 Abs. 2 MLI eingeschränkt, sodass Missbrauchsfälle ausgeschlossen sind (siehe Anlage 3). Bei der Anwendung der Schiedsklausel gem. MLI sind jedoch auch die jeweiligen Vorbehalte der Partnerstaaten Österreichs maßgeblich.11

Aufgrund des von Österreich ausgeübten Vorbehalts gemäß Art. 36 Abs. 2 MLI werden Anträge auf Einleitung eines Schiedsverfahrens betreffend jene Verständigungsverfahren, die vor dem Inkrafttreten des MLI vorgelegt wurden, nur mit Zustimmung der zuständigen Behörden beider Vertragsparteien akzeptiert.

Anders als laut Art. 25 Abs. 5 OECD-MA, hat sich Österreich gem. Art. 19 Abs. 11 MLI vorbehalten, die Einleitung des Schiedsverfahrens erst nach 3 Jahren zu ermöglichen. Zudem gelten im Anwendungsbereich des MLI andere Regeln für die Berechnung der Frist zur Beantragung des Schiedsverfahrens, als nach den bilateral vereinbarten österreichischen Schiedsklauseln (siehe Art. 19 Abs. 8 und 9 MLI).

Die Umsetzung des Schiedsspruchs erfolgt nach den allgemeinen Regeln (siehe B.6.). Die Vertragsstaaten können sich i.S.d. Art. 24 MLI auf eine andere Regelung des Falls verständigen. Diese Bestimmung ist allerdings voraussichtlich nur auf wenige österreichische Abkommen anwendbar (siehe Anhang 3). Im Falle des Schiedsverfahrens laut MLI ist zur Umsetzung des Schiedsspruches die Zustimmung des Abkommensberechtigten erforderlich (siehe Art. 19 Abs. 4 MLI).

Hinsichtlich des Verhältnisses zwischen dem Schiedsverfahren nach MLI und innerstaatlichen Gerichtsverfahren gilt Folgendes: grundsätzlich können die Verfahren parallel geführt werden, aber:

  • ergeht ein Gerichtsurteil vor Beantragung des Schiedsverfahrens, ist der Zugang zum Schiedsverfahren gesperrt;
  • ergeht ein Gerichtsurteil vor dem Schiedsspruch, ist das Schiedsverfahren automatisch beendet;
  • ergeht ein Gerichtsurteil nach dem Schiedsspruch, ist der Schiedsspruch nicht mehr verbindlich und muss nicht umgesetzt werden (siehe Art. 19 Abs. 4 und 12 MLI).

Art. 23 MLI bestimmt die Art des Schiedsverfahrens. Gemäß Art. 23 Abs. 1 MLI soll grundsätzlich das Final Offer-Verfahren - auch Last Best Offer-Verfahren oder Baseball Arbitration genannt - zur Anwendung kommen. Bei diesem besteht die Entscheidung der Schiedsrichter darin, zwischen den von den zuständigen Behörden vorgeschlagenen Lösungsmöglichkeiten einen Vorschlag auszuwählen. Staaten können sich jedoch auch vorbehalten, das Independent Opinion-Verfahren anzuwenden, bei welchem die Schiedsrichter den Fall anhand der vorliegenden Informationen selbst entscheiden. Für Österreich kommen beide Verfahrensarten zur Anwendung (siehe Anlage 3).

Viele Regeln des MLI sind nur Ausfallsregeln und gelten somit nur in Ermangelung einer anderslautenden Einigung der zuständigen Behörden der Vertragsstaaten, welche gem. Art. 19 Abs. 10 MLI in Form einer Konsultationsvereinbarung geschlossen werden kann. Österreich beabsichtigt mit allen Abkommenspartnern, mit welchen eine Schiedsklausel laut MLI zur Anwendung gelangt, eine Vereinbarung zur Führung des Schiedsverfahrens zu schließen.

D. Verständigungs- und Schiedsverfahren nach dem EU-Schiedsübereinkommen

D.1. Anwendungsbereich des EU-Schiedsübereinkommens

Zwischen den EU-Mitgliedstaaten wurde ein Schiedsübereinkommen abgeschlossen, welches nur bei Verrechnungspreiskonflikten Anwendung findet. Ausgangspunkt ist eine Verrechnungspreiskorrektur nach den Regeln des Fremdvergleichsgrundsatzes des Art. 4 EU-Schiedsübereinkommen: Art. 4 umfasst Verrechnungspreiskorrekturen zwischen verbundenen Unternehmen (Abs. 1), wie auch zwischen Stammhaus und Betriebstätte (Abs. 2). Das Übereinkommen kommt nur für Unternehmen, die innerhalb der EU ansässig sind, und für Betriebstätten von innerhalb der EU ansässigen Unternehmen zur Anwendung.

Für eine effektive Anwendung des EU-Schiedsübereinkommens wurde ein Verhaltenskodex (Code of Conduct for the effective implementation of the Arbitration Convention [90/436/FWC vom 23.7.1990]) vom Rat der Europäischen Union in Kooperation mit den Mitgliedstaaten erarbeitet.

D.2. Verständigungsverfahren nach dem EU-Schiedsübereinkommen

D.2.1. Vorverfahren nach Art. 5 des Schiedsübereinkommens

Beabsichtigt die Finanzbehörde, den Gewinn eines Unternehmens gem. Art. 4 des Schiedsübereinkommens zu berichtigen, so unterrichtet sie das Unternehmen rechtzeitig über die beabsichtigte Maßnahme und gibt ihm Gelegenheit, das betroffene verbundene Unternehmen im anderen Vertragsstaat zu informieren. Das andere Unternehmen hat dann ebenfalls Gelegenheit, sich an die zuständige Finanzbehörde zu wenden, um eine Gegenberichtigung zu erwirken. Stimmen die beteiligten Finanzbehörden und Unternehmen der Berichtigung und Gegenberichtigung zu, kommt ein Verständigungs- und Schiedsverfahren nicht in Betracht.

D.2.2. Antragstellung - Antragsfristen

Siehe dazu auch B.2.1.1. und B.2.1.2. Im vorliegenden Kapitel werden nur Abweichungen zum Verständigungsverfahren nach DBA erläutert.

Der Antrag kann gemäß Art. 6 Abs. 1 EU-Schiedsübereinkommen, im Gegensatz zum Verständigungsverfahren nach DBA, jedenfalls auch im Betriebsstättenstaat oder im Staat der Tochtergesellschaft eingebracht werden. Der Antrag sollte jedoch zweckmäßigerweise im Staat der Muttergesellschaft oder des Stammhauses gestellt werden.

Enthält ein Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens keine Bezugnahme auf das EU-Schiedsübereinkommen, wird dieser als Antrag auf Verständigungsverfahren nach dem DBA gewertet.

Der Antrag hat die in B.2.1.2. genannten Unterlagen und Informationen (Mindestinformationen) zu enthalten. Zusätzlich sind dem Antrag folgende Informationen beizulegen:

  • Eine Erklärung des Unternehmens, inwiefern der Fremdvergleichsgrundsatz des Art. 4 EU-Schiedsübereinkommen nicht beachtet wurde, sowie
  • jede spezifische, zusätzliche Information, um die die zuständiger Behörde innerhalb zweier Monate nach Einlangen des Antrags ersucht.

Gem. dem Verhaltenskodex gilt ein Fall erst dann als eingebracht, wenn folgende Informationen vorliegen (Pkt. 2 des Code of Conduct):

  • Name, Adresse, Steuernummer des Unternehmens, welches den Antrag stellt, und der anderen involvierten Unternehmen;
  • Angaben zu den relevanten Fakten und Umständen des Falles;
  • Angabe des Besteuerungszeitraums;
  • Kopien der Steuerbescheide, Betriebsprüfungsberichte u.s.w., welche zur Doppelbesteuerung führen;
  • Unterlagen betreffend etwaiger außergerichtlicher oder gerichtlicher Rechtsmittelverfahren bzw. etwaiger bereits vorliegender Gerichtsentscheidungen der involvierten Parteien;
  • Eine Erklärung des Unternehmens, inwiefern der Fremdvergleichsgrundsatz des Art. 4 des Schiedsübereinkommens nicht beachtet wurde;
  • Die Verpflichtungserklärung des Unternehmens, dass es so schnell und so umfassend wie möglich alle begründeten und geeigneten Nachfragen einer zuständigen Behörde beantwortet und Unterlagen zur Verfügung stellen wird; und
  • jede spezifische, zusätzliche Information, um die die zuständige Behörde innerhalb zweier Monate nach Einlangen des Antrags ersucht.

Der Fristenlauf für die Einleitung des Schiedsverfahrens beginnt erst, wenn die erforderlichen Informationen übermittelt wurden und wenn ein endgültiger Bescheid vorliegt (s. auch D.3.1.).

D.2.3. Vorverfahren und Einleitung

Siehe dazu auch B.2.1.3. - B.2.3. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, unterrichtet das BMF das antragstellende Unternehmen über die Einleitung des Verständigungsverfahrens und teilt diesem mit, an welchem Tag die Zweijahresfrist gemäß Art. 7 Abs. 1 EU-Schiedsübereinkommen begonnen hat.

D.2.4. Gang des Verständigungsverfahrens

Siehe dazu auch B.3.

Die Fälle sollten unter Zuhilfenahme sämtlicher Mittel, die zur Herbeiführung eines raschen Einvernehmens geeignet sind - längstens innerhalb von zwei Jahren ab dem Datum, an dem der Fall dem BMF oder einer anderen zuständigen Behörde zum ersten Mal vollständig unterbreitet wurde - gelöst werden.

Nach Art. 8 Abs. 2 EU-Schiedsübereinkommen kann ein Verständigungs- oder Schiedsverfahren ausgesetzt werden, wenn bei einem der beteiligten Unternehmen ein Gerichts- oder Verwaltungsverfahren anhängig ist, mit dem festgestellt werden soll, ob das Unternehmen durch Handlungen, die eine Gewinnberichtigung nach Art. 4 EU-Schiedsübereinkommen zur Folge haben, einen empfindlich zu bestrafenden Verstoß gegen steuerliche Vorschriften begangen hat (insb. eine nach dem Finanzstrafgesetz zu ahndende vorsätzliche oder fahrlässige Abgabenverkürzung). Wird ein derartiger Verstoß festgestellt, entfällt nach Art. 8 Abs. 1 EU-Schiedsübereinkommen die Verpflichtung zur Einleitung eines Verständigungsverfahrens oder zur Einsetzung des Beratenden Ausschusses.

D.2.5. Umsetzung des Verständigungsverfahrens bei Einigung

Siehe dazu B.6.

D.3. Schiedsverfahren nach der EU-Schiedskonvention

D.3.1. Allgemeines

Führt das Verständigungsverfahren nicht innerhalb von zwei Jahren ab dem Tag, an dem der Fall erstmals vollständig und umfassend einer der zuständigen Behörden unterbreitet worden ist, zu einer Einigung, so sind die zuständigen Behörden der beteiligten Vertragsstaaten verpflichtet, einen Beratenden Ausschuss einzusetzen und dessen Stellungnahme einzuholen. Die zuständigen Behörden können diese Frist im Einvernehmen mit den beteiligten Unternehmen verlängern.

Zudem beginnt die Zweijahresfrist erst zu laufen, wenn alle notwendigen Mindestinformationen der zuständigen Behörde übermittelt worden sind. Dazu gehört auch ein klarer Bezug auf die Rechtsgrundlage. Der Beginn des Fristenlaufes erfordert auch die endgültige Entscheidung der Steuerverwaltung über die Einkommenserhöhung. Ein vorläufiger Bescheid erfüllt diese Voraussetzung nicht. Somit beginnt die Frist für die Antragstellung für ein Schiedsverfahren erst nach Ergehen eines endgültigen Bescheids zu laufen.

D.3.2. Verhältnis zwischen Schiedsverfahren und Rechtsmittelverfahren

Siehe dazu im Detail C.1.3.

Im Falle eines anhängigen Rechtsmittels beginnt die Zweijahresfrist für die Einleitung eines Schiedsverfahrens gem. Art. 7 Abs. 3 EU-Schiedsübereinkommen erst zu laufen, wenn eine rechtskräftige Entscheidung ergangen ist.

D.3.3. Einsetzung des beratenden Ausschusses

Konnte im Rahmen des Verständigungsverfahrens keine Einigung erzielt werden, kommt es zur Einsetzung eines Beratenden Ausschusses, der eine Stellungnahme erarbeitet, wie die Doppelbesteuerung beseitigt werden soll.

D.3.4. Verfahren vor dem Beratenden Ausschuss

Einerseits kann der Beratende Ausschuss die zuständigen Behörden der an dem Fall beteiligten Vertragsstaaten auffordern, vor dem Beratenden Ausschuss zu erscheinen. Andererseits haben auch die betroffenen Unternehmen ein Recht auf Anhörung oder Vertretung. Sie können zur Sach- und Rechtslage gegenüber dem Beratenden Ausschuss Stellung nehmen und die ihnen notwendig erscheinenden Beweismittel und Schriftstücke vorlegen. Auf Aufforderung des Beratenden Ausschusses sind die betroffenen Unternehmen verpflichtet, Auskünfte zu erteilen oder Beweismittel oder Schriftstücke vorzulegen und vor dem Ausschuss zu erscheinen oder sich dort vertreten zu lassen. Stellungnahmen und Unterlagen, die von einem betroffenen Unternehmen erstmals im Schiedsverfahren vorgelegt werden, sind von diesem in die Verfahrenssprache zu übersetzen. Zur Vorbereitung der Entscheidung kann der Beratende Ausschuss auch Zeugen oder Sachverständige anhören.

D.3.5. Stellungnahme und Umsetzung

Der Beratende Ausschuss gibt seine Stellungnahme binnen sechs Monaten ab. Er ist dabei an den Grundsatz des Fremdvergleichs des Art. 4 EU-Schiedsübereinkommen gebunden. Nach Abgabe der Stellungnahme des Beratenden Ausschusses haben die zuständigen Behörden sechs weitere Monate Zeit sich zu einigen. Sie können von der Stellungnahme des Beratenden Ausschusses abweichen, sofern eine Doppelbesteuerung dadurch vermieden wird. Können sie sich nicht einigen, sind sie an die Stellungnahme des Beratenden Ausschusses als Schiedsspruch gebunden.

Nach Vorliegen der Entscheidung der zuständigen Behörden übermittelt die zuständige Behörde, der der Fall unterbreitet wurde, jedem der beteiligten Unternehmen die Entscheidung und die Stellungnahme des Beratenden Ausschusses. Die verfahrensrechtliche Umsetzung des Schiedsspruchs erfolgt in gleicher Weise wie die Umsetzung einer Verständigungsvereinbarung.

D.3.6. Kostenregelungen

Siehe dazu auch B.7. Die Verfahrenskosten des Beratenden Ausschusses werden von den beteiligten Vertragsstaaten zu gleichen Teilen getragen (Art. 11 Abs. 3 EU-Schiedsübereinkommen). Zu diesen gehören die Verwaltungskosten des Beratenden Ausschusses sowie die Honorare und Auslagen der unabhängigen Personen.

D.3.7. Verständigungs- und Schiedsverfahren gem. dem EU-Schiedsübereinkommen

Schema: Verständigungs- und Schiedsverfahren gem. dem EU-Schiedsübereinkommen 

 

E. Advance Pricing Arrangements (APAs) ("Vorabverständigungen über die Verrechnungspreisgestaltungsabsicht")

E.1. Allgemeine Grundsätze, Arten von APA

Ein Advance Pricing Arrangement (APA oder Vorabverständigung) ist eine Vereinbarung, bei der vor der Verwirklichung gewisser konzerninterner Geschäftsvorfälle zwischen einem oder mehreren Steuerpflichtigen und einer oder mehreren Finanzverwaltungen ein entsprechender Kriterienkatalog festgelegt wird (z.B. Methode, Vergleichswerte und etwaige angemessene Anpassungen, kritische Annahmen in Bezug auf künftige Ereignisse), um die Verrechnungspreise für diese Geschäftsvorfälle über einen festen Zeitraum hinweg zu ermitteln (siehe OECD-Verrechnungspreisleitlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen 2017, Z. 4.134).

Ein APA wird von einem Steuerpflichtigen beantragt und erfordert Gespräche zwischen dem Steuerpflichtigen, einem oder mehreren verbundenen Unternehmen und einer oder mehreren Steuerverwaltungen. Unilaterale APAs sind, gemäß den OECD-Leitlinien, Vereinbarungen, die lediglich zwischen einem oder mehreren Steuerpflichtigen und einer Steuerverwaltung geschlossen werden. Ein bilaterales oder multilaterales APA basiert dagegen auf einer Einigung zwischen den zuständigen Behörden zweier oder mehrerer Steuerverwaltungen im Rahmen eines Verfahrens aufgrund der einschlägigen DBAs.

Die OECD-Leitlinien empfehlen, ein APA soweit wie möglich auf bilateraler oder multilateraler Basis abzuschließen (siehe OECD-Verrechnungspreisleitlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen 2017, Z. 4.173), um eine mögliche Doppelbesteuerung zu vermeiden. Denn bei bilateralen (oder multilateralen) APAs findet eine Absprache über die Besteuerung zwischen zwei oder mehreren Staaten statt, wodurch i.d.R. sichergestellt ist, dass es im Anwendungsbereich eines APA zu keiner Doppelbesteuerung kommen kann.

Die Stattgabe eines Ersuchens zum Abschluss eines APA liegt im Ermessen der zuständigen Behörden. Art. 25 Abs. 3 OECD-MA, der die Grundlage für ein bilaterales APA bildet, sieht keinen Entscheidungszwang vor.

Eine laufende Betriebsprüfung steht dem Ersuchen um Einleitung eines APA grundsätzlich nicht entgegen.

Ein APA kann sowohl für die Steuerpflichtigen als auch für die Steuerverwaltungen kostspielige und zeitaufwendige Prüfungen sowie gerichtliche Berufungsverfahren in Verrechnungspreisfällen vermeiden. Gleichzeitig binden die Verhandlungen über das Zustandekommen und der Abschluss eines APA erhebliche Ressourcen auf Seiten der Finanzverwaltung. Allerdings ermöglicht der Abschluss eines bilateralen APA dem Antragsteller eine wesentlich höhere Planungssicherheit und verhindert die Notwendigkeit eines Verständigungsverfahrens.

E.2. Rechtsgrundlagen

Ein APA kann beantragt werden, um die Grundlagen für die Verrechnungspreise für jene Geschäftsvorfälle zu klären, die unter Art. 7 oder 9 des OECD-MA fallen, und die Frage zu klären, wie sich die erzielten Gewinne auf die betroffenen Steuerhoheitsgebiete verteilen. Ein APA kann Verrechnungspreisfragen eines oder mehrerer Steuerpflichtiger betreffen, oder sich auf einzelne konzerninterne Geschäftsvorfälle beschränken. Ein APA wird für künftige Jahre und Geschäftsvorfälle geschlossen.

Bi- und multilaterale APAs sind solche, an denen die zuständige Behörde mindestens eines Abkommenspartners beteiligt ist. Sie werden nach den gleichen Grundsätzen wie bilaterale oder multilaterale Verständigungsverfahren verhandelt. Art. 25 Abs. 3 OECD-MA ist einschlägig. Die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des / der jeweiligen DBA sowie zusätzlich die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Verständigungsartikels (Art. 25 OECD-MA) der jeweiligen Abkommen müssen daher erfüllt sein (siehe hierzu B.1. bis B.8).

APA-Verfahren können folglich nur mit den DBA-Partnern Österreichs durchgeführt werden. Für die Führung von Verfahren mit Staaten, mit denen kein DBA abgeschlossen worden ist, besteht keine rechtliche Basis. APAs können nicht auf die Schiedskonvention gestützt werden, da diese keine dem Art. 25 Abs. 3 OECD-MA vergleichbare Bestimmung enthält.

Es besteht im APA-Verfahren kein Einigungszwang. Sollten sich die involvierten Finanzverwaltungen auf keine Lösung einigen, so wäre das APA als gescheitert anzusehen.

Daneben können unilaterale APA in Österreich im Rahmen eines Auskunftsbescheides gemäß § 118 BAO erreicht werden. Das Advance Ruling (§ 118 BAO) und bi- oder multilaterale APAs schließen einander nicht aus und können grundsätzlich parallel angewandt werden. Zu beachten wäre dabei allerdings, dass es in der Folge zu einer Doppelbesteuerung kommen kann, wenn der andere involvierte Staat die im Rulingbescheid vertretene Rechtsauffassung nicht teilt. Ein Verständigungsverfahren ist auch bei Vorliegen eines Auskunftsbescheids möglich. § 118 Abs 9 BAO ist hierbei zu beachten.

E.3. Ersuchen um Durchführung eines APA

Bilaterale APA werden nur auf Ersuchen des Steuerpflichtigen durchgeführt. Das Ersuchen ist schriftlich bei der zuständigen Behörde des Ansässigkeitsstaates der Muttergesellschaft oder des Stammhauses und auch gleichzeitig bei der zuständigen Behörde des DBA-Partnerstaates einzubringen.

Das Ersuchen muss den Inhalt und den Umfang des APA so konkret wie möglich darlegen, dh. die betroffenen Unternehmen (ggf. auch Betriebsstätten) und Staaten, die Konzernstruktur, den Tätigkeitsbereich, die dem APA zugrundeliegende(n) Transaktion oder Transaktionen, sowie die angestrebte Laufzeit des APA und welche Jahre das APA betreffen soll. Sind in Zukunft Änderungen des dem APA zugrundeliegenden Sachverhalts zu erwarten, so sind diese den Finanzverwaltungen ebenfalls mitzuteilen.

Die Unterlagen gemäß B.2.1.2 sollten, soweit vorhanden, jedenfalls im Ersuchen enthalten sein. Statt einer Erläuterung der Steuerbemessungsgrundlage und der nicht abkommenskonformen Besteuerung sollte das Ersuchen die Sachverhaltselemente, die für die Wahl der Methode relevant waren, so genau wie möglich erläutern und die Anwendung der Methode sowie ihre Ergebnisse klar und ausführlich darstellen. Die Wahl der Methode sollte unter Bezugnahme auf die relevanten rechtlichen Bestimmungen, insbesondere den Fremdvergleichsgrundsatz, rechtlich begründet werden.

Zusätzlich hierzu sind jedenfalls folgende Unterlagen vorzulegen:

  • eine Darstellung der Branchen- und Markttrends für die Tätigkeitsbranchen der vom APA zu erfassenden Unternehmen;
  • die Finanzdaten der involvierten Unternehmen, inkl. ihrer Gewinn-/Verlustsituation und einer Aufstellung der im Betriebsvermögen befindlichen beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgüter;
  • die erwartete Entwicklung der Finanzsituation der erfassten Unternehmen für den Zeitraum des APA sowie Angaben zu den Annahmen, auf Basis welcher die Prognosen erstellt wurden und Vorschläge für den Umgang mit Abweichungen zwischen den prognostizierten und den eingetretenen Ergebnissen;
  • eine umfassende Funktions- und Risikoanalyse aller Beteiligten;
  • eine Vergleichbarkeitsanalyse und die relevanten Datenbankstudien, allfällige Vergleichbarkeitsanpassungen sind zu erklären;
  • ggf. Vorschläge für Gültigkeitsbedingungen (critical assumptions) sowie zum Umgang mit Änderungen dieser Bedingungen bzw. akzeptable Schwankungen (siehe auch E.5.) und
  • alle anderen wesentlichen steuerrechtlichen Konsequenzen der gewählten Methode (bspw. im nationalen Steuerrecht oder für Zwecke der indirekten Steuern).

Welche zusätzlichen Unterlagen konkret vorgelegt werden müssen, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Dies kann im Rahmen eines Prefiling Meetings (siehe E.4.) abgeklärt werden.

Wenn das BMF ein Ersuchen auf Einleitung ein APA erhält, übermittelt es dem Antragsteller eine Empfangsbestätigung und ersucht ggf. um Ergänzung des Antrages.

E.4. Sachverhalt und "critical assumptions" (Gültigkeitsbedingungen)

Unter "critical assumptions" (Gültigkeitsbedingungen) sind jene Bedingungen / Annahmen zu verstehen, die erforderlich sind, damit die im APA getroffene Lösung gültig ist. Im Einzelnen können zu den Gültigkeitsbedingungen beispielsweise gleichbleibende Verhältnisse in Bezug auf die Marktbedingungen, die Funktions- und Risikoverteilung, die Kapitalstruktur, die Beteiligungsverhältnisse, das Geschäftsmodell, die Zinssätze, die Währungskurse oder die relevanten Rechtsvorschriften gehören.

Der Regelungsgegenstand des APA und die vereinbarten Gültigkeitsbedingungen stehen in einem derartigen Abhängigkeitsverhältnis, dass sich eine Änderung in den Gültigkeitsbedingungen auf die im APA getroffenen Vereinbarungen auswirkt und daher auch zur Nichtanwendbarkeit des APA führen kann (siehe E.5 und E.8.).

E.5. Prefiling Meeting

Vor formeller Initiierung eines APA, dh. vor Absenden des Ersuchens, kann im Rahmen eines informellen Gesprächs ("Prefiling Meeting") die Bereitschaft zur Durchführung eines APA mit der zuständigen Behörde geklärt werden.

Diese Vorgespräche bieten die Möglichkeit, die Geeignetheit eines APA im konkreten Fall, die Art und den Umfang der zur Verfügung zu stellenden Unterlagen sowie einen groben Zeitplan zu diskutieren. Ein solches Gespräch ist vom Steuerpflichtigen zu veranlassen. Es empfiehlt sich für den Steuerpflichtigen, Vorgespräche mit allen involvierten Staaten zu führen, wenn solche Vorgespräche erforderlich sind. U.U. ist mehr als ein Gespräch erforderlich.

Grundsätzlich besteht auch die Möglichkeit, das Ersuchen bereits vor dem Prefiling Meeting einzureichen und im Anschluss daran nur mehr Ergänzungen oder kleinere Änderungen am Ersuchen in Absprache mit der Finanzverwaltung vorzunehmen.

E.6. Prüfung des Sachverhalts und Führung von Verständigungsgesprächen

Nach Einlagen eines (vollständigen) Ersuchens um Feststellung der Geeignetheit eines Falles für ein APA und Durchführung des APA wird seitens der zuständigen Behörde Kontakt mit dem (oder den) anderen involvierten Vertragsstaat(en) aufgenommen.

Parallel dazu untersucht die zuständige Behörde die Rechtsauffassung des Steuerpflichtigen. Dabei können zusätzliche Unterlagen angefordert werden oder vor Ort, im Betrieb des Steuerpflichtigen, Informationen eingeholt werden. Die zusätzlich erhaltenen Informationen werden den anderen betroffenen zuständigen Behörden übermittelt. Falls erforderlich werden gemeinsame Untersuchungen ("fact-finding meetings") mit den anderen zuständigen Behörden durchgeführt.

Ausgehend von den vorhandenen Informationen erstellen die zuständigen Behörden Positionspapiere und tauschen sie aus. Auf Grundlage der (ggf. überarbeiteten) Positionspapiere werden Verständigungsgespräche geführt. Falls erforderlich kann der Steuerpflichtige aufgefordert werden, eine Präsentation der relevanten Informationen vor beiden zuständigen Behörden zu halten.

E.7. Verständigung zwischen den zuständigen Behörden

Die zuständigen Behörden einigen sich im Verständigungsverfahren schriftlich auf den Inhalt des APA. Die Einigung erfolgt in Form eines Entwurfs des APA, welcher dem Steuerpflichtigen übermittelt wird und nur dann endgültig und bindend wird, wenn der Steuerpflichtige innerhalb der Frist seine Zustimmung erteilt. Erfolgt keine Zustimmung, so ist die Einigung nicht gültig und nicht umzusetzen.

Inhaltlich repliziert ein APA zunächst den zugrundeliegenden Sachverhalt, also die vom APA erfassten Wirtschaftseinheiten, die erfasste Transaktion, Gültigkeitsbeginn und Laufzeit. Grundsätzlich ist ein APA auf die Festlegung von Verrechnungspreisfragen für die Zukunft gerichtet. Die Wirksamkeit für die Zukunft wird dabei auf eine gewisse Anzahl von Jahren - regelmäßig drei bis fünf Jahre - begrenzt sein, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab und wird von zahlreichen Faktoren beeinflusst.

Sodann folgt die rechtliche Beurteilung des zugrundeliegenden Sachverhalts, d.h. die Risikoanalyse, Vergleichbarkeitsprüfung, die Wahl der Methode und ihre Anwendung. Ein weiterer Teil betrifft die Gültigkeitsbedingungen, die im Wesentlichen für die Geltung des APA erfüllt sein müssen. Teil dieser Gültigkeitsbedingungen können auch dem Steuerpflichtigen auferlegte Pflichten, wie zB Berichtspflichten und die Vorlage von Dokumenten sein. Zudem kann in den Gültigkeitsbedingungen vorgesehen werden, dass keiner der involvierten Steuerpflichtigen gegen die auf Basis des APA erlassenen Bescheide Rechtsmittel ergreifen darf.

Um zu verhindern, dass bereits kleinste Überschreitungen der vereinbarten Gültigkeitsbedingungen zu einer Nichtanwendbarkeit bzw. Neuverhandlung des APA führen, sollten sie einerseits nicht zu eng definiert werden. Andererseits sollten entsprechende Anpassungsmechanismen, die erkennbar mögliche Schwankungen der maßgeblichen Verhältnisse berücksichtigen, vereinbart werden. Zudem können bestimmte Parameter zur Bestimmung eines akzeptablen Grades der Abweichung aufgenommen werden, sodass nur bei Überschreitung dieser Werte - auf Ersuchen des Steuerpflichtigen - eine Neuverhandlung des APA notwendig ist.

Das abgeschlossene APA sollte ferner eine Bestimmung enthalten, gem. der dem Unternehmen eine Berichtspflicht zukommt, wenn sich die critical assumptions ändern oder der angenommene Sachverhalt nicht dementsprechend verwirklicht wird. Denn wird beispielsweise der angenommene Sachverhalt nicht verwirklicht, so führt dieser Umstand grundsätzlich zur Unwirksamkeit des APA.

Eine Berichtspflicht kann z.B. schlagend werden, wenn sich die Geschäftsvorfälle erheblich ändern oder wenn nicht beeinflussbare Wirtschaftsbedingungen (z.B. erhebliche Wechselkursänderungen) die Zuverlässigkeit der Methodologie so entscheidend beeinflussen, dass diese auch von unabhängigen Unternehmen für ihre Preisgestaltung als erheblich erachtet werden. Abhängig vom jeweiligen Sachverhalt kann eine Revision des jeweiligen APAs oder seine Kündigung angestrebt werden.

Der Abschluss eines APA hat keine Auswirkung auf die Möglichkeit der Durchführung einer Außenprüfung für denselben Zeitraum.

E.8. Roll-back

Es besteht zusätzlich zum Abschluss eines finalen verbindlichen APA auch die Möglichkeit eines "roll-back", also einer Übernahme der im APA erzielten Lösung für Jahre vor dem APA, sofern in den zurückliegenden Zeiträumen vergleichbare Sachverhalte und Umstände vorliegen. Es können daher zum Beispiel gleichzeitig Verständigungsverfahren iZm Verrechnungspreisproblemen in der Vergangenheit und APA zur Implementierung einer Lösung für die Zukunft geführt werden.

E.9. Umsetzung des APA

Parteien eines bi- oder multilateralen APA sind nur die zuständigen Behörden der beiden Vertragsstaaten. Allerdings bedarf ein finales APA der Zustimmung des Steuerpflichtigen, durch welche zum Ausdruck kommt, dass das APA Bindungswirkung entfalten soll (siehe E.6.).

Die zuständige Behörde unterrichtet das zuständige Finanzamt über den Abschluss des APA. Das APA ist in weiterer Folge vom zuständigen Finanzamt nach Maßgabe der nationalen Rechtsvorschriften umzusetzen. Zu den für die Umsetzung relevanten Bestimmungen siehe B.6.4.

Sollten sich die critical assumptions, auf deren Basis das APA abgeschlossen wurde, in wesentlicher Weise ändern, so kann das APA seine Gültigkeit verlieren.

E.10. Monitoring

Die österreichische zuständige Behörde behält sich vor, beide von den OECD-Verrechnungspreisleitlinien vorgesehenen Möglichkeiten des Monitorings anzuwenden. Zunächst können Steuerpflichtige durch die mit dem anderen Staat / den anderen Staaten getroffenen Vereinbarungen zur Abgabe jährlicher Berichte angehalten werden, in denen dargelegt wird, welche tatsächliche Geschäftstätigkeit der Steuerpflichtige für das jeweilige Jahr ausgeübt hat, ob die Bedingungen des APA eingehalten wurden und die Gültigkeitsbedingungen weiterhin in Geltung sind. Falls Berichte vorgesehen sind, sind diese gemeinsam mit der Steuererklärung jährlich an das zuständige Finanzamt zu übermitteln.

Die in einem APA festgelegte Aufteilung der Besteuerung zwischen den betroffenen Staaten kann nicht mehr Gegenstand einer Betriebsprüfung sein. Allerdings kann im Rahmen der Außenprüfung die Einhaltung der im APA zugrunde gelegten Parameter und Bedingungen überprüft werden, insbesondere ob der Sachverhalt entsprechend der Vereinbarung verwirklicht wurde, ob und inwieweit Änderungen der critical assumptions eingetreten sind und ob die Verrechnungspreise im Einklang mit dem APA ermittelt wurden.

E.11. Nachträgliche Aufhebung, Widerruf oder Verlängerung des APA

Die Bedingungen für die Beendigung eines APA sind im APA festzuhalten. Die österreichische zuständige Behörde kann ein APA - falls nichts Gegenteiliges vereinbart wurde - widerrufen, wenn:

  • Fahrlässigkeit, Nachlässigkeit oder Pflichtverletzung des Steuerpflichtigen zu einem Fehler oder einer Falschbehauptung führen, v.a. wenn diese einen wesentlichen Einfluss auf die Sachverhaltsdarstellung oder die Gültigkeitsbedingungen haben oder
  • eine grundlegende Bedingung des APA vom Steuerpflichtigen nicht erfüllt wurde oder nicht mehr gegeben ist.

Der Widerruf führt zu einer Rückabwicklung etwaiger aufgrund des APA vorgenommenen steuerlichen Maßnahmen. Der Steuerpflichtige ist steuerlich so zu behandeln, als wäre das APA nie abgeschlossen worden.

Die österreichische zuständige Behörde kann ein APA - falls nichts Gegenteiliges vereinbart wurde - aufheben, dh. ab dem jeweiligen Steuerjahr für die Zukunft für ungültig erklären, wenn:

  • eine Unterlassung oder ein Fehler eingetreten sind, die nicht der Sphäre des Steuerpflichtigen zuzuordnen sind, oder
  • eine grundlegende Bedingung des APA vom Steuerpflichtigen nicht erfüllt wurde oder nicht mehr gegeben ist, oder
  • eine oder mehrere Gültigkeitsbedingungen nicht erfüllt worden sind, oder
  • eine nachträgliche Änderung einer für das APA relevanten Steuervorschrift (innerstaatlich oder zwischenstaatlich) eingetreten ist.

Der Steuerpflichtige und die andere zuständige Behörde sind im Falle des Widerrufs oder der Aufhebung jedenfalls zu informieren.

Im Falle einer nachträglichen Änderung der Gültigkeitsbedingungen kann ein APA alternativ auch - je nach Art des APA einseitig oder im Einvernehmen mit der anderen zuständigen Behörde - angepasst werden, um die neuen Bedingungen zu berücksichtigen.

Optional kann ein APA nach Ablauf der Laufzeit auch verlängert werden, wenn sich der Sachverhalt und die wirtschaftlichen Bedingungen nicht wesentlich geändert haben und sich die involvierten Finanzverwaltungen über eine Verlängerung einigen können. Haben sich der Sachverhalt und/oder die Gültigkeitsbedingungen geändert, ist stattdessen ein Neuabschluss erforderlich, d.h. eine Anpassung der Methode und der Bedingungen des APA an den neuen Sachverhalt und/oder die neuen Gültigkeitsbedingungen. Auch ein Neuabschluss erfordert eine Einigung zwischen den zuständigen Behörden.

E.12. Das APA-Verfahren

Schema: APA-Verfahren 

Anlage 1: Art. 25 OECD-MA 2014 (OECD Mindeststandard)

Artikel 25
Verständigungsverfahren

(1) Ist eine Person der Auffassung, dass Maßnahmen eines Vertragsstaats oder beider Vertragsstaaten für sie zu einer Besteuerung führen oder führen werden, die diesem Abkommen nicht entspricht, so kann sie unbeschadet der nach dem innerstaatlichen Recht dieser Staaten vorgesehenen Rechtsmittel ihren Fall der zuständigen Behörde des Vertragsstaats, in dem sie ansässig ist, oder, sofern ihr Fall von Artikel 24 Absatz 1 erfasst wird, der zuständigen Behörde des Vertragsstaats unterbreiten, dessen Staatsangehöriger sie ist. Der Fall muss innerhalb von drei Jahren nach der ersten Mitteilung der Maßnahme unterbreitet werden, die zu einer dem Abkommen nicht entsprechenden Besteuerung führt.

(2) Hält die zuständige Behörde die Einwendung für begründet und ist sie selbst nicht in der Lage, eine befriedigende Lösung herbeizuführen, so wird sie sich bemühen, den Fall durch Verständigung mit der zuständigen Behörde des anderen Vertragsstaates so zu regeln, dass eine dem Abkommen nicht entsprechende Besteuerung vermieden wird. Die Verständigungsregelung ist ungeachtet der Fristen des innerstaatlichen Rechts der Vertragsstaaten durchzuführen.

(3) Die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten werden sich bemühen, Schwierigkeiten oder Zweifel, die bei der Auslegung oder Anwendung des Abkommens entstehen, in gegenseitigem Einvernehmen zu beseitigen. Sie können auch gemeinsam darüber beraten, wie eine Doppelbesteuerung in Fällen vermieden werden kann, die im Abkommen nicht behandelt sind.

(4) Die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten können zur Herbeiführung einer Einigung im Sinne der vorstehenden Absätze unmittelbar miteinander verkehren, gegebenenfalls auch durch eine aus ihnen oder ihren Vertretern bestehende gemeinsame Kommission.

(5) Hat eine Person

a) der zuständigen Behörde eines Vertragsstaats gemäß Absatz 1 einen Fall auf der Grundlage unterbreitet, dass die Maßnahme eines Vertragsstaats oder beider Vertragsstaaten für sie zu einer Besteuerung geführt haben, die diesem Abkommen nicht entspricht, und sind

b) die zuständigen Behörden nicht in der Lage, eine einvernehmliche Lösung im Sinn des Absatzes 2 innerhalb von zwei Jahren ab der Vorlage des Falles an die zuständige Behörde des anderen Vertragsstaats herbeizuführen,

so sind alle ungelösten Streitpunkte dieses Falles über Ersuchen dieser Person einem Schiedsverfahren zuzuleiten. Diese ungelösten Streitpunkte dürfen jedoch dann nicht einem Schiedsverfahren zugeleitet werden, wenn in dieser Angelegenheit bereits eine Entscheidung durch ein Gericht oder ein Verwaltungsgericht eines der beiden Staaten ergangen ist. Sofern nicht eine von diesem Fall unmittelbar betroffene Person die den Schiedsspruch umzusetzende Verständigungsregelung ablehnt, ist dieser Schiedsspruch für beide Vertragsstaaten bindend und ungeachtet der Fristen des innerstaatlichen Rechts der Vertragstaaten umzusetzen. Die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten regeln in gegenseitigem Einvernehmen, wie das Verfahren nach diesem Absatz durchzuführen ist.

Anlage 2: Besonderheiten der österreichischen DBA iZm Verständigungsverfahren

Anmerkung: die tatsächlichen und erwarteten Auswirkungen des MLI (Stand: 30.06.2019) sind mit * markiert.

1. Vorhandensein von Art. 9 Abs. 2 OECD-Musterabkommen

1.1. Abkommen, die eine Art. 9 Abs. 2 nachgebildete Bestimmung enthalten

Albanien; Algerien; Armenien; Australien; Aserbaidschan; Bahrain; Barbados; Belgien*; Belize; Bosnien und Herzegowina; Bulgarien; Chile; China*; Deutschland; Dänemark; Estland; Finnland; Frankreich; Georgien; Griechenland; Hongkong; Irland*; Indien; Iran; Island; Israel*; Italien*; Japan; Kanada*; Kasachstan; Katar; Kirgisistan; Kosovo; Kroatien*; Kuba; Kuwait; Lettland; Litauen; Luxembourg*; Marokko; Malta*; Mazedonien; Mexico*; Republik Moldau; Mongolei; Montenegro; Nepal; Niederlande*; Neuseeland; Pakistan; Polen; Portugal*; Rumänien; Russland; Saudi Arabien; Serbien; Singapur*; Slowakei*; Slowenien; Spanien*; Südafrika; Schweiz*; Taiwan; Tadschikistan; Tschechische Republik*; Türkei; Ungarn*; Turkmenistan; Weißrussland, Ukraine; Usbekistan; Venezuela; Vereinigte Arabische Emirate; Vereinigte Staaten von Amerika; Vietnam; Zypern.

1.2. Abkommen in denen eine Art. 9 Abs. 2 nachgebildete Bestimmung fehlt

Ägypten; Brasilien; Indonesien; Liechtenstein; Malaysia; Norwegen; Philippinen; San Marino; Schweden; Südkorea; Thailand; Tunesien.

Bemerkung: Das Verständigungsverfahren steht in Österreich für Verrechnungspreisfälle offen, unabhängig davon, ob das DBA mit dem Partnerstaat eine Artikel 9 Abs. 2 OECD-MA nachgebildete Bestimmung enthält oder nicht (siehe B.8.).

2. Fristen zur Einleitung eines Verständigungsverfahrens

2.1. Abkommen ohne Frist

Ägypten; Brasilien; Kuwait; Schweden; Tunesien; Vereinigte Staaten von Amerika.

2.2. Abkommen mit 2-Jahresfrist

Indonesien; San Marino.

2.3. Abkommen mit 3-Jahresfrist

Albanien; Algerien; Armenien; Aserbaidschan; Australien; Bahrain; Barbados; Belgien*; Belize; Bosnien und Herzegowina; Bulgarien; Chile*; China; Dänemark; Deutschland; Estland; Finnland; Frankreich; Georgien; Griechenland; Großbritannien; Hongkong; Indien; Iran; Irland*; Italien; Japan; Kanada*; Kasachstan; Katar; Kirgisistan; Korea (Republik); Kroatien; Kuba; Lettland; Litauen; Luxemburg*; Malaysia; Malta; Marokko; Mazedonien; Mexiko*; Moldau; Mongolei; Montenegro; Nepal; Neuseeland; Niederlande*; Norwegen; Pakistan; Philippinen; Polen; Portugal*; Rumänien; Russland; Saudi Arabien; Schweiz*; Serbien; Singapur; Slowakische Republik; Slowenien; Spanien*; Südafrika; Tadschikistan; Taiwan; Thailand; Tschechische Republik; Türkei; Turkmenistan; Ukraine; Ungarn*; Usbekistan; Venezuela; Vereinigte Arabische Emirate; Vietnam; Weißrussland; Zypern.

2.4. Sonstige Fristen

Mexiko: Verständigungsverfahren kann nur geführt werden, wenn die andere zuständige Behörde innerhalb von 4,5 Jahren ab Antragstellung informiert wird.

  • -- 10 Jahre zur Führung des Verständigungsverfahrens.

3. Umsetzung der Verständigungslösung ungeachtet der Fristen des innerstaatlichen Rechts

Albanien; Algerien; Armenien; Aserbaidschan; Australien; Bahrain; Barbados; Belgien*; Belize; Bosnien und Herzegowina; Bulgarien; Chile*; China; Dänemark; Deutschland; Estland; Finnland; Frankreich; Georgien; Griechenland; Hongkong; Indien; Iran; Irland*; Italien*; Kasachstan; Katar; Kirgisistan; Korea (Republik), Kroatien; Kuba; Kuwait; Lettland; Liechtenstein (Verständigungsvereinbarung); Litauen; Luxemburg*; Malta; Marokko; Mazedonien; Mexiko (Umsetzung innerhalb von 10 Jahren oder eines längeren Zeitraumes, wenn das innerstaatliche Recht des anderen Staates dies gestattet); Moldau; Mongolei; Montenegro; Nepal; Neuseeland; Niederlande*; Norwegen; Pakistan; Polen; Portugal*; Rumänien; Russland; San Marino; Saudi Arabien; Serbien; Singapur; Slowakische Republik; Spanien*; Slowenien; Südafrika; Tadschikistan; Taiwan; Tschechische Republik; Türkei; Ungarn*; Ukraine; Usbekistan; Venezuela; Vereinigte Arabische Emirate; Vereinigte Staaten von Amerika; Vietnam; Weißrussland; Zypern.

Anlage 3: Schiedsklauseln in österreichischen DBA

1. Bilateral vereinbarte Schiedsklauseln in österreichischen DBA

Mit folgenden Vertragsstaaten wurden konkrete verfahrensrechtliche Regelungen (betreffend Ingangsetzung des Verfahrens, Zusammensetzung des Schiedsgerichts, Einräumung von Parteiengehör, Frist für Bekanntgabe der Entscheidung des Schiedsgerichts, Bindung an die Entscheidung des Schiedsgerichts) getroffen:

  • Armenien (Art. 25 Abs. 5: obligatorisch bei Nichteinigung binnen einer Frist von 2 Jahren ab Verfahrenseinleitung)
  • Bahrain (Art. 25 Abs. 5: obligatorisch bei Nichteinigung binnen einer Frist von 2 Jahren ab Verfahrenseinleitung)
  • Bosnien und Herzegowina (Art. 25 Abs. 5: obligatorisch bei Nichteinigung einer Frist von 2 Jahren ab Verfahrenseinleitung)
  • Deutschland (Art. 25 Abs. 5: obligatorisch bei Nichteinigung binnen einer Frist von 3 Jahren ab Verfahrenseinleitung; Besonderheit: Schiedsverfahren vor dem EuGH)
  • Mazedonien (Art. 24 Abs. 5: obligatorisch bei Nichteinigung binnen einer Frist von 2 Jahren ab Verfahrenseinleitung)
  • Mongolei (Art. 26 Abs. 5: obligatorisch bei Nichteinigung binnen einer Frist von 2 Jahren ab Verfahrenseinleitung)
  • San Marino (Art. 25 Abs. 5 bis 7; obligatorisch bei Nichteinigung binnen einer Frist von 2 Jahren nachdem der Fall erstmals einer der zuständigen Behörden unterbreitet wurde unter der Voraussetzung, dass alle bei nationalen Gerichten anhängige Verfahren eingestellt wurden; eigene Kostenregelung).

Weitere Abkommen, welche die Möglichkeit der Durchführung eines Schiedsverfahrens bei Scheitern eines Verständigungsverfahrens einräumen, bei denen die Vertragsstaaten die verfahrensrechtlichen Regelungen dazu erst noch vereinbaren müssen, sind folgende:

  • Aserbaidschan (Art. 25 Abs. 5)
  • Chile (Art. 25 Abs. 5)
  • Großbritannien (Art. 25 Abs. 5: obligatorisch bei Nichteinigung einer Frist von 2 Jahren ab Verfahrenseinleitung)
  • Japan (Art. 25 Abs. 5: obligatorisch bei Nichteinigung einer Frist von 2 Jahren ab Verfahrenseinleitung)
  • Kosovo (Art. 23 Abs. 5: obligatorisch bei Nichteinigung einer Frist von 2 Jahren ab Verfahrenseinleitung unter der Voraussetzung, dass keine Entscheidung durch ein Gericht oder ein Verwaltungsgericht eines der beiden Staaten ergangen ist)
  • Schweiz (Art. 25 Abs. 5: obligatorisch bei Nichteinigung binnen einer Frist von 3 Jahren ab Verfahrenseinleitung, unter der Voraussetzung, dass keine Entscheidung durch ein Gericht oder ein Verwaltungsgericht eines der beiden Staaten ergangen ist).

Anmerkung: Die Abkommen Österreichs mit Deutschland und der Schweiz fallen in den Anwendungsbereich des MLI. Die Schiedsklauseln in diesen Abkommen bleiben jedoch aufgrund des Vorbehalts Österreichs vom MLI unberührt.

2. Abkommen, in welche Aufgrund des MLI eine Schiedsklausel aufgenommen wird

Belgien, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kanada, Luxemburg, Malta, Niederlande, Portugal, Singapur, Slowenien, Spanien.

2.1. Abkommen, für welche das Last Best Offer-Verfahren oder Baseball Arbitration (Art. 23 Abs. 1 MLI) zur Anwendung kommt

Belgien, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Kanada, Luxemburg, Niederlande, Singapur, Spanien.

2.2. Abkommen, für welche die Independent-Opinion Methode (Art. 23 Abs. 2 MLI) zur Anwendung kommt

Griechenland, Malta, Portugal, Slowenien.

2.3. Abkommen, für welche in Bezug auf die Abkommensberechtigten und ihre Vertreter gemäß Art. 23 Abs. 5 MLI eine Verschwiegenheitspflicht gilt

Belgien, Niederlande, Spanien, Malta.

2.4. Abkommen, für welche die Verständigung auf eine andere Regelung gemäß Art. 24 MLI möglich ist

Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Malta, Portugal, Singapur, Slowenien, Spanien.

3. Vorbehalt Österreichs zum Anwendungsbereich der Schiedsklauseln laut MLI

Artikel 28 - Vorbehalte
Vorbehalt in Bezug auf den Anwendungsbereich des Schiedsverfahrens

Gemäß Art. 28 Abs. 2 lit. a des Übereinkommens bringt die Republik Österreich den nachstehenden Vorbehalt in Bezug auf die Art der Fälle an, die nach Teil VI einem Schiedsverfahren unterworfen werden können.

"Die Republik Österreich behält sich vor, Fälle, die die Anwendung ihrer in der Bundesabgabenordnung enthaltenen innerstaatlichen allgemeinen Missbrauchsregeln, insbesondere die §§ 21 und 22, zur Folge haben, vom Anwendungsbereich des Teiles VI auszunehmen. Dies gilt auch für alle nachträglichen Bestimmungen, mit denen diese Missbrauchsregeln ersetzt, abgeändert oder aktualisiert werden. Die Republik Österreich notifiziert dem Verwahrer alle derartigen nachträglichen Bestimmungen."

Siehe Vorbehalte und Notifikationen der Republik Österreich, abrufbar unter: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/I/I_01670/imfname_640078.pdf.

Anlage 4: Abkürzungsverzeichnis

APA

Advance Pricing Arrangement

Abs.

Absatz

Art.

Artikel

BAO

Bundesabgabenordnung

BGBl

Bundesgesetzblatt

BFH

Bundesfinanzhof

BMF

Bundesministerium für Finanzen

Bzw.

beziehungsweise

DBA

Doppelbesteuerungsabkommen

EU

Europäische Union

gem.

gemäß

i.d.F.

in der Fassung

i.d.R.

in der Regel

i.S.d.

im Sinne des

i.V.m.

in Verbindung mit

lit.

litera

MLI

Mehrseitiges Übereinkommen zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Maßnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung

OECD

Organisation for economic co-operation and development

OECD-MA

OECD-Musterabkommen

OECD-MK

OECD-Musterkommentar

OECD-VPR

OECD-Verrechnungspreisrichtlinien

öVPR

österreichische Verrechnungspreisrichtlinien

Rz.

Randzahl

VO

Verordnung

Z

Ziffer

z.B.

zum Beispiel

 

Bundesministerium für Finanzen, 24. Juli 2019

  • 1

    BGBl. III Nr. 93/2018, siehe auch: https://www.bmf.gv.at/steuern/int-steuerrecht/Massnahmen-Verkuerzung.html.

  • 2

    Die betroffenen DBA sind in der DBA-Liste gesondert gekennzeichnet und die Auswirkungen des MLI werden mithilfe sogenannter "synthetisierter Fassungen" übersichtlich dargestellt, siehe https://www.bmf.gv.at/steuern/int-steuerrecht/DBA-Liste.html, etwa für das DBA-Slowenien.

  • 3

    Übereinkommen vom 23.7.1990 über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen [90/436/EWG], ABl. L 225/10, i.d.F.d. Übereinkommens vom 21.12.1995 [1996/C 26/01], des Protokolls vom 25.5.1999 [1999/C 202/01] und des Übereinkommens vom 8.12.2004 [2005/C 160/01].

  • 4

    BGBl. noch nicht verfügbar.

  • 5

    Die Liste der betroffenen DBA findet sich in den Vorbehalten und Notifikationen der Republik Österreich, siehe https://www.bmf.gv.at/steuern/int-steuerrecht/MLI_Notifikation_DE.pdf?6hebc9.

  • 6

    Siehe Anlage 3.

  • 7

    Das MEMAP ist abrufbar unter http://www.oecd.org/ctp/dispute/manualoneffectivemutualagreementprocedures-index.htm.

  • 8

    Siehe: http://www.keepeek.com/Digital-Asset-Management/oecd/taxation/making-dispute-resolution-mechanisms-more-effective-action-14-2015-final-report_9789264241633-en#.WlOYtmeoukU. Viele der Empfehlungen der OECD in diesem Zusammenhang sind an die "best practices" des MEMAP angelehnt.

  • 9

    Österreich folgt in Bezug auf den Ort der Antragstellung weiterhin Art. 25 Abs. 1 1. Satz OECD-MA 2014 und ermöglicht daher nicht die Antragstellung in beiden Vertragstaaten, wie im OECD-MA 2017 vorgesehen.

  • 10

    Informationen zu zuständigen Behörden und Verfahrensvorschriften ausländischer Staaten enthält die OECD-Datenbank "Country Profiles on Mutual Agreement Procedures", abrufbar unter: http://www.oecd.org/tax/dispute/country-map-profiles.htm.

  • 11

    Eine vollständige und aktuelle Liste von MLI Vorbehalten ist abrufbar unter: http://www.oecd.org/tax/treaties/beps-mli-signatories-and-parties.pdf.