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- 9 Besondere Gewinnermittlungsvorschriften (§§ 10 bis 13 EStG 1988)
- 9.3 Übertragung stiller Reserven, Übertragungsrücklage und steuerfreier Betrag
9.3.5 Behaltefristen
Die Behaltefrist beträgt grundsätzlich sieben Jahre.
Für folgende Wirtschaftsgüter ist die Behaltefrist von 15 Jahren vorgesehen:
- Grundstücke oder Gebäude, auf deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten stille Reserven übertragen wurden und
- Gebäude, die iSd § 8 Abs. 2 EStG 1988 oder vorzeitig iSd EStG 1972 abgeschrieben wurden.
9.3.5.1 Berechnung der Behaltefristen
Für die Berechnung der Behaltefrist gilt das Stichtagsprinzip. Maßgeblich ist somit der Zeitraum zwischen dem Tag der tatsächlichen Anschaffung oder Herstellung und dem Tag des Ausscheidens. Es kommt nicht auf die Betriebszugehörigkeit an, sondern es muss das Wirtschaftsgut während der gesamten Behaltefrist demselben Steuerpflichtigen gehört haben und Anlagevermögen gewesen sein (ua. VfGH 20.6.1983, B 33/80).
Im Falle der Buchwertfortführung (siehe dazu auch Rz 2531) laufen die Behaltefristen des Rechtsvorgängers weiter.
9.3.5.1.1 Berechnung bei Grundstücken und Gebäuden
Bei Grundstücken mit darauf befindlichen Gebäuden ist die Behaltefrist für das Grundstück und für das Gebäude grundsätzlich jeweils gesondert zu berechnen. Grundstück und Gebäude sind jeweils die "kleinste Einheit" der Fristenberechnung. Zum Grundstück zählen auch Grundstückseinrichtungen wie Kanalisation, Umzäunungen, Befestigungseinrichtungen usw. Wurde ein Tatbestand, der zur Verlängerung der Behaltefrist auf 15 Jahre führt, in Bezug auf einen Teil des Grundstückes oder einen Teil des Gebäudes gesetzt, dann verlängert sich die Behaltefrist jeweils für das ganze Grundstück bzw. für das ganze Gebäude auf 15 Jahre.
Wird ein bebautes Grundstück veräußert, ist zur Ermittlung der auf Grundstück und Gebäude entfallenden stillen Reserven der Veräußerungserlös im Verhältnis der Verkehrswerte auf Grundstück und Gebäude aufzuteilen (siehe Rz 2613).
Bei der Gewinnermittlung gemäß § 5 EStG 1988 ist die Frist bereits ab dem Erwerb des Grundstückes zu berechnen:
- Beträgt die Behaltefrist sowohl für Grundstück als auch für ein später hergestelltes Gebäude einheitlich 7 bzw. 15 Jahre, so ist eine Übertragung der stillen Reserven zulässig, wenn seit der Zugehörigkeit des Grundstückes zum Betriebsvermögen mindestens 7 bzw. mindestens 15 Jahre verstrichen sind.
- Sind die Behaltefristen für das Grundstück einerseits und das darauf befindliche Gebäude andererseits unterschiedlich, so ist anhand des jeweiligen Fristenlaufs für Grundstück und Gebäude gesondert zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Übertragung stiller Reserven gegeben sind. Dies bedeutet, dass trotz unterschiedlicher Behaltefristen der Fristenlauf immer mit der Anschaffung des Grundstückes beginnt.
Beispiel 1:
Im Jahre 1984 wird ein Grundstück angeschafft und darauf keine stillen Reserven übertragen. Auf die Herstellungskosten des im Jahre 1997 errichteten Gebäudes werden stille Reserven übertragen. Das bebaute Grundstück wird im Jahre 2000 veräußert.
Die Behaltefrist für das Grundstück beträgt 7 Jahre und jene für das Gebäude 15 Jahre.
Da sich das Grundstück im Jahre 2000 bereits mehr als 15 Jahre im Anlagevermögen befindet, kann auch für das erst im Jahre 1997 errichtete Gebäude eine übertragbare stille Reserve entstehen.
Beispiel 2:
Wie Beispiel 1 mit dem Unterschied, dass das Grundstück erst im Jahre 1990 erworben wird.
Da sich das Grundstück im Jahre 2000 noch nicht 15 Jahre im Anlagevermögen befunden hat, können zwar die stillen Reserven des Grundstücks (Behaltefrist 7 Jahre), nicht aber jene des Gebäudes (Behaltefrist 15 Jahre) übertragen werden.
Beispiel 3:
Im Jahre 1990 wird ein Grundstück erworben und auf die Anschaffungskosten eine stille Reserve übertragen. Im Jahre 1992 wird ein Gebäude errichtet, auf das keine stillen Reserven übertragen werden. Im Jahre 2000 wird das bebaute Grundstück veräußert.
Anders als in Beispiel 2 ist die Behaltefrist nur für das Gebäude (7 Jahre ab Herstellung des Gebäudes), nicht jedoch für das Grundstück erfüllt. Es kann somit nur die auf das Gebäude entfallende stille Reserve übertragen werden.
9.3.6 Übertragungsrücklage
Insoweit stille Reserven nicht im Jahr ihrer Bildung übertragen werden, können diese einer Übertragungsrücklage zugeführt werden.
Bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 kann ein Betrag in dieser Höhe steuerfrei belassen werden (siehe Rz 3887 f).
9.3.6.1 Verwendungsfristen
Die Rücklage (der steuerfreie Betrag) kann innerhalb von 12 Monaten ab dem Ausscheiden des Wirtschaftsgutes auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Anlagevermögen übertragen werden (Stichtagsprinzip). Erfolgte das Ausscheiden durch höhere Gewalt oder behördlichen Eingriff, verlängert sich die Übertragungsfrist auf 24 Monate. Die Verlängerung der Frist auf 24 Monate gilt ebenfalls, wenn auf Herstellungskosten von Gebäuden übertragen wird und mit der tatsächlichen Bauausführung ("1. Spatenstich") innerhalb der Frist von 12 Monaten ab dem Ausscheiden des Wirtschaftsgutes begonnen wird.
Für Fälle, in denen die Aufdeckung der stillen Reserve nicht im Wirtschaftsjahr des Ausscheidens des Wirtschaftsgutes erfolgt, ist der Zeitpunkt der Aufdeckung der stillen Reserve für den Fristenlauf maßgeblich. Dies gilt sowohl in Fällen, in denen die zeitliche Divergenz zwischen dem Ausscheiden des Wirtschaftsgutes und der Aufdeckung der stillen Reserve auf die Maßgeblichkeit des Zu- und Abflussprinzips zurückzuführen ist als auch in Fällen, in denen bei Bilanzierern die Gewinnrealisierung nicht im Wirtschaftsjahr des Ausscheidens des Wirtschaftsgutes eintritt (zB weil der Anspruch dem Grunde nach strittig ist).
Eine frühestmögliche Übertragung ist nicht verpflichtend. Wurde eine Rücklage oder ein Teil davon nicht innerhalb der Frist verwendet, ist sie gewinnerhöhend aufzulösen.
9.3.7 Steuerfreier Betrag
Der steuerfreie Betrag ist in einem Verzeichnis auszuweisen, aus dem die Verwendung ersichtlich ist. Wird dieses Verzeichnis nicht mit der Steuererklärung vorgelegt, ist eine Nachfrist von zwei Wochen zu setzen.
Wird bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 der Veräußerungserlös (die Entschädigungsleistung) erst in späteren Jahren vereinnahmt, so steht dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit offen, den Buchwert sofort als Betriebsausgabe abzusetzen oder nach Art eines Merkpostens zu behandeln (zum Zeitpunkt der Vereinnahmung siehe Rz 4601 ff). In beiden Fällen werden stille Reserven aufgedeckt, sobald der zugeflossene Veräußerungserlös (die zugeflossene Entschädigung) den Buchwert übersteigt (vgl. VwGH 26.6.1984, 83/14/0234). Die Frist für den Verwendungszeitraum beginnt in beiden Fällen mit dem Zeitpunkt der Aufdeckung der stillen Reserven.
Beispiel:
Im Jahr 1 wird ein Anlagegut (Buchwert nach Abschreibung 50.000, Behaltefrist erfüllt) um 80.000 veräußert. Es wird je eine Ratenzahlung für 1 und 2 von 40.000 vereinbart.
BW = Betriebsausgabe |
BW = Merkposten |
|
Jahr 1: |
||
Erste Rate |
40.000 |
40.000 |
Abfluss BW |
50.000 |
40.000 |
Verlust |
10.000 |
0 |
Jahr 2: |
||
Zweite Rate |
40.000 |
40.000 |
Abfluss BW |
0 |
10.000 |
Gewinn |
40.000 |
30.000 |
Bei beiden Varianten wird im Jahr 2 eine stille Reserve in Höhe von 30.000 S aufgedeckt. Diese kann im Jahr 2 übertragen oder einem steuerfreien Betrag zugeführt werden, wobei in letzterem Fall die Verwendungsfrist mit dem Zufließen der zweiten Ratenzahlung zu laufen beginnt.
9.3.8 Waldnutzungen
Fassung bis zur Veranlagung 2004:
Die Hälfte der Einkünfte aus Waldnutzungen infolge höherer Gewalt (Kalamitätsnutzung, siehe Rz 7338) gilt als übertragbare stille Reserve. Die Bildung einer Übertragungsrücklage gemäß § 12 Abs. 7 EStG 1988 ist jedoch nicht zulässig, da sich der Verweis in § 12 Abs. 6 EStG 1988 nur auf § 12 Abs. 1 bis 5 EStG 1988, nicht jedoch auf § 12 Abs. 7 EStG 1988 bezieht.
Fassung ab Veranlagung 2005:
Die Hälfte der Einkünfte aus Waldnutzungen infolge höherer Gewalt (Kalamitätsnutzung, siehe Rz 7338) gilt als übertragbare stille Reserve. Die Bildung einer Übertragungsrücklage gemäß § 12 Abs. 8 EStG 1988 ist ab 2005 ebenfalls zulässig, sofern die stillen Reserven auf Grund des Ausscheidens von Wirtschaftsgütern nach dem 31.12.2004 aufgedeckt werden und eine Übertragung im selben Wirtschaftsjahr nicht erfolgt (§ 12 Abs. 7 in Verbindung mit § 124b Z 117 EStG 1988 idF AbgÄG 2004).
Der ermäßigte Steuersatz ist auf Antrag des Steuerpflichtigen auf den Teil der Einkünfte aus Waldnutzungen infolge höherer Gewalt anzuwenden, der nach Abzug des als stille Reserve behandelten Betrages und nach Vornahme eines allfälligen Verlustausgleiches verbleibt. Kann angefallenes Kalamitätsholz nicht sofort nach dem Kalamitätsereignis aufgearbeitet werden, bestehen keine Bedenken, wenn die Übertragung in einem späteren Wirtschaftsjahr vorgenommen wird. Dies gilt jedoch nur insoweit als eine Aufdeckung der stillen Reserven innerhalb von 24 Monaten ab dem Kalamitätsereignis erfolgt und spätere Fällungen nicht in die betriebsplanmäßige Holznutzung einbezogen.
Die anlässlich der Veräußerung eines Waldgrundstückes aufgedeckten stillen Reserven des stehenden Holzes sind übertragbar (VwGH 16.6.1987, 86/14/0188).
9.3.9 Zuschreibung
Wird die Übertragung stiller Reserven oder die Übertragungsrücklage durch Zuschreibung gemäß § 6 Z 13 EStG 1988 ganz oder teilweise rückgängig gemacht, so erhöht diese den Gewinn. Ist bereits eine Übertragung auf ein Wirtschaftsgut erfolgt, ist diese Zuschreibung für den steuerlichen Wertansatz des betreffenden Wirtschaftsgutes maßgeblich.