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- 7 Absetzung für Abnutzung (§§ 7, 8 EStG 1988)
- 7.1 Allgemeine Grundsätze
7.1.9 Nutzungsdauer
7.1.9.1 Allgemeines
Die AfA bemisst sich nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Wirtschaftsgutes. Darunter ist die Dauer der normalen technischen und wirtschaftlichen Nutzbarkeit zu verstehen (VwGH 20.11.1996, 92/13/0304). Maßgebend ist dabei aber nicht der Zeitraum der voraussichtlichen Benutzung durch den Besitzer des Wirtschaftsgutes oder andere subjektive Erwägungen, sondern die objektive Möglichkeit der Nutzung des Wirtschaftsgutes (VwGH 7.9.1993, 93/14/0081). Die technische Nutzungsdauer wird durch den Materialverschleiß bestimmt. Die wirtschaftliche Nutzungsdauer richtet sich nach der wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeit, insbesondere also danach, inwieweit das Wirtschaftsgut unmodern ist oder durch bessere Anlagen überholt werden kann. Die wirtschaftliche Nutzungsdauer kann niemals länger, wohl aber kürzer als die technische Nutzungsdauer sein. Eine kürzere wirtschaftliche Nutzungsdauer ist der AfA-Berechnung aber erst zu Grunde zu legen, wenn dies der Abgabepflichtige durch konkrete Tatsachen nachgewiesen hat (VwGH 12.9.1989, 88/14/0162).
Eine besondere Komponente der Nutzungsdauer ist die rechtliche Nutzungsdauer. Das ist jener Zeitraum, innerhalb dessen das Wirtschaftsgut genutzt werden darf (siehe zB Rz 3122 f betreffend Mietrechte).
7.1.9.2 Ermittlung der Nutzungsdauer
Die Nutzungsdauer ist vom Steuerpflichtigen zu schätzen (VwGH 12.9.1989, 88/14/0162, VwGH 27.1.1994, 92/15/0127). Dabei sind alle Umstände zu beachten, die die Nutzungsdauer bestimmen, und zwar sowohl jene, die durch die Art des Wirtschaftsgutes bedingt sind, als auch jene, die sich aus der besonderen Nutzungs-(Verwendungs-)Form im Betrieb des Steuerpflichtigen ergeben (VwGH 10.10.1978, 0631/78). Bei Einschätzung der Nutzungsdauer sind zukünftige Verhältnisse nur insoweit zu berücksichtigen, als sich diese in der Gegenwart bereits verlässlich voraussehen lassen (VwGH 25.4.2002, 99/15/0255). Sofern eine Nutzungsdauer im Gesetz nicht vorgegeben ist, können die deutschen amtlichen AfA-Tabellen als Hilfsmittel bei Ermittlung der Nutzungsdauer von Anlagegütern herangezogen werden.
Beim Kauf gebrauchter Wirtschaftsgüter ist der AfA-Berechnung die noch zu erwartende tatsächliche Nutzungsdauer zu Grunde zu legen, unabhängig von der Nutzungsdauer des Vorgängers. Beim Kauf eines vom Verkäufer voll abgeschriebenen Wirtschaftsgutes darf daher nicht eine Nutzungsdauer von Null angenommen werden.
Die Behörde kann eine abweichende Schätzung auf Grund allgemein anerkannter Erfahrungssätze vornehmen (VwGH 20.1.1953, 0906/52), wenn die Differenzen zur Schätzung des Steuerpflichtigen nicht nur geringfügig sind (VwGH 22.2.1972, 1909/70). Die Behörde ist berechtigt, die Schätzung der Nutzungsdauer zu überprüfen, auch wenn sie die vom Steuerpflichtigen bisher vorgenommene Schätzung in den Vorjahren unbeanstandet gelassen hat. Dem Grundsatz von Treu und Glauben könnte diesfalls nur dann Bedeutung beigemessen werden, wenn die Abgabenbehörde selbst eine später als unrichtig erkannte AfA-Berechnung veranlasst hat (VwGH 24.1.1998, 93/14/0151).
Wurde im Ermittlungs- und Veranlagungsverfahren, im Zuge einer Betriebsprüfung oder im Rechtsmittelverfahren die Frage der AfA im Einzelfall bei Kenntnis der für die Beurteilung der AfA maßgeblichen Umstände in einer Art und Weise geprüft, dass der Steuerpflichtige mit gutem Grund die Anerkennung der AfA und damit der Nutzungsdauer annehmen durfte, sollen die AfA-Sätze und die Nutzungsdauer bei den Veranlagungen oder Betriebsprüfungen der folgenden Jahre grundsätzlich nicht geändert werden, es sei denn, die Angaben des Steuerpflichtigen waren unrichtig oder die Verhältnisse haben sich wesentlich geändert. Wurde hingegen die beantragte AfA bei der Veranlagung ohne eine solche Prüfung und Anerkennung berücksichtigt, kann die Behörde in den folgenden Jahren eine solche Prüfung vornehmen und ggf. von der vom Steuerpflichtigen vorgenommenen AfA abweichen.
7.1.9.3 Berichtigung der Nutzungsdauer
Die Berichtigung der Nutzungsdauer ist notwendig, wenn von vornherein von einer falschen Nutzungsdauer ausgegangen worden ist. Die Abweichung muss hierbei aber erheblich (jedenfalls 20%) sein. Es bestehen keine Bedenken, zu hohe Absetzungen in Folge zu kurzer Nutzungsdauer dann nicht für die Vergangenheit zu berichtigen, wenn eine Rückwärtsberichtigung keine steuerliche Auswirkung hat (zB kein Wiederaufnahmsgrund oder Verjährung). In einem solchen Fall können sie durch entsprechende Minderung der AfA für die restliche Nutzungsdauer oder Aussetzung der AfA bis zum Erreichen des richtigen Wertansatzes (VwGH 12.3.1965, 0205/64) ausgeglichen werden.
Beispiel:
Im April 2001 wird ein Wirtschaftsgut um 70.000 S angeschafft und sofort in Betrieb genommen. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer dieses Wirtschaftsgutes wird mit fünf Jahren statt mit richtigerweise zehn Jahren geschätzt. In den Jahren 2001 bis 2003 werden Absetzungen für Abnutzung in Höhe von jeweils 14.000 S vorgenommen.
Im Jahr 2004 erfolgt eine Berichtigung der AfA unter Berücksichtigung einer Nutzungsdauer von zehn Jahren.
1. Möglichkeit:
Der Restbuchwert des Wirtschaftsgutes betrug am Ende des Jahres 2003 28.000 S. Dieser Betrag ist gleichmäßig auf die verbleibenden sieben Jahre der betriebsgewöhnlichen Nutzung aufzuteilen, sodass für die Jahre 2004 bis 2010 die AfA in Höhe von jeweils 4.000 S geltend gemacht werden kann.
2. Möglichkeit:
Der Restbuchwert des Wirtschaftsgutes betrug am Ende des Jahres 2003 28.000 S statt 49.000 S, wenn die AfA von vornherein in der richtigen Höhe vorgenommen worden wäre. Auch der errechnete korrigierte Restbuchwert für das Jahr 2004 (42.000 S) und jener für 2005 (35.000 S) liegt noch über dem Wert von 28.000 S, jener für 2006 erreicht 28.000 S. Für die Jahre 2004 bis 2006 kann daher keine AfA geltend gemacht werden. Für die verbleibenden Jahre 2007 bis 2010 kann dann die korrekte AfA in Höhe von jeweils 7.000 S zum Ansatz gebracht werden.
Es bestehen keine Bedenken, zu niedrige Absetzungen in Folge zu langer Nutzungsdauer durch entsprechende Erhöhung der AfA (Aufteilung des steuerwirksam nicht mehr zu berichtigenden Restbuchwertes auf die neue verkürzte Restnutzungsdauer) auszugleichen.
Beispiel:
Im April des Jahres 2001 wird ein Wirtschaftsgut um 70.000 S angeschafft und sofort in Betrieb genommen. Seine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer wird statt mit fünf Jahren mit zehn Jahren geschätzt. In den Jahren 2001 bis 2003 werden Absetzungen für Abnutzung in Höhe von jeweils 7.000 S vorgenommen. Im Jahr 2004 erfolgt eine Berichtigung der AfA unter Berücksichtigung einer Nutzungsdauer von fünf Jahren. Da das Wirtschaftsgut am Ende des Jahres 2003 einen Restbuchwert von 49.000 S hatte, beträgt die AfA für die verbleibenden zwei Jahre jeweils 24.500 S.
Zu den Folgen des Unterlassens einer AfA-Absetzung siehe Rz 3110.
7.1.9.4 Änderung der Nutzungsdauer
Eine Änderung der vom Steuerpflichtigen ursprünglich zutreffend geschätzten Nutzungsdauer ist nur zulässig, wenn sich die für die Nutzungsdauer maßgebenden Verhältnisse wesentlich und dauernd ändern, bspw.
- bei einer Änderung der Nutzungsart (ein LKW, der bisher für den Transport auf der Straße eingesetzt war, wird in Zukunft in einer Baugrube eingesetzt),
- einer Änderung der Einsatzdauer (eine Anlage wird statt acht Stunden in Zukunft sechzehn Stunden eingesetzt) oder
- bei nachträglichem Herstellungsaufwand, wenn sich dadurch die Restnutzungsdauer des Wirtschaftsgutes insgesamt verlängert bzw. die Höhe des nachträglichen Herstellungsaufwandes nur unter dem Gesichtspunkt einer längeren als der buchmäßigen Restnutzungsdauer erklärbar ist.
7.1.9.5 Mietrecht, Mietvorauszahlungen
Ablösezahlungen zur Erlangung eines Mietrechtes an Geschäftsräumlichkeiten stellen Anschaffungskosten des Mietrechtes dar. Das Mietrecht an Geschäftsräumlichkeiten gehört zu den beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Die Aufwendungen zur Erlangung des Mietrechtes sind zu aktivieren (VwGH 15.7.1998, 97/13/0076, betr. Abgrenzung zwischen Mietvorauszahlungen und Anschaffungskosten eines Mietrechtes). Ein entgeltlich erworbenes Mietrecht ist auf die voraussichtliche Vertragsdauer abzuschreiben (VwGH 12.1.1993, 88/14/0077).
Leistet der Mieter unter bestimmten Auflagen Mietvorauszahlungen - bei Einzug des Mieters wird das Lokal entsprechend den Bedürfnissen des Mieters formell vom Vermieter errichtet bzw. adaptiert, der Vermieter stimmt einem Kündigungsverzicht für jenen Zeitraum zu, der Berechnung der Vorleistung des Mieters zu Grunde gelegt wurde, die vertraglichen Rechte und Pflichten gehen auf den jeweiligen Rechtsnachfolger über, dem Mieter wird das Recht der Weiter- und Untervermietung eingeräumt, das Bestandrecht wird im Grundbuch intabuliert -, dann unterscheidet sich dieser Sachverhalt wirtschaftlich nicht von jenem, in dem der Mieter selbst Investitionen im gemieteten Objekt durchführt. Mieterinvestitionen sind grundsätzlich dem Mieter als dessen wirtschaftlicher Eigentümer zuzurechnen. Es ist daher davon auszugehen, dass durch derartige Mietvorauszahlungen ein im wirtschaftlichen Eigentum des Mieters stehendes unbewegliches Wirtschaftsgut (Gebäudeinvestition) angeschafft wird.
7.1.9.6 Mieterinvestitionen
Investitionen des Mieters sind auf die voraussichtliche Nutzungsdauer, höchstens auf die voraussichtliche Mietdauer abzuschreiben. Ist der Mietvertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, ist für die Abschreibung die Nutzungsdauer der Investition maßgebend. Die Nutzungsdauer bei Aufwendungen, deren Ergebnis der Mieter dem Vermieter bei Beendigung des Bestandsverhältnisses zu überlassen hat, ist durch die voraussichtliche Dauer des Bestandsverhältnisses begrenzt. Somit ist die - voraussichtliche - Vertragsdauer maßgeblich, wenn sie kürzer als die Nutzungsdauer eines Wirtschaftsgutes ist. Es kommt darauf an, wie lange der Mieter nach dem gewöhnlichen Ablauf der Dinge mit einer Nutzung seiner Aufwendungen im Rahmen des Vertrages rechnen kann. Auf die voraussichtliche Vertragsdauer ist auch bei auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Mietverträgen abzustellen (VwGH 25.4.2002, 99/15/0255). Wird die Nutzungsdauer der betrieblichen Gebäudeinvestition nicht nachgewiesen, kann diese auch in Anlehnung an § 8 EStG 1988 geschätzt werden (vgl. VwGH 12.1.1993, 88/14/0077).
7.1.9.7 Baukostenzuschüsse für Energieversorgung
Baukostenzuschüsse, die an Energieversorgungsunternehmen für den Anschluss an die Energieversorgung (elektrischer Strom, Ferngas, Fernwärme usw.) geleistet werden, sind zu aktivieren und auf den Nutzungszeitraum verteilt abzusetzen. Für die Bestimmung der Nutzungsdauer ergeben sich Anhaltspunkte aus der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer der mit den Baukostenzuschüssen errichteten Anlagen sowie aus der voraussichtlichen Geltungsdauer der zwischen dem Energieabnehmer und dem Energieversorgungsunternehmen abgeschlossenen Vereinbarungen.