Seitenbereiche:
. Zum Inhalt (ALT+0) . Zum Hauptmenü (ALT+1) . Zur Fußzeile (ALT+2) . Zu den Zusatzinformationen (ALT+3) .VB-0100, Arbeitsrichtlinie Verbote und Beschränkungen im Zollverfahren
- 4. Strafbestimmungen
4.3. Vorläufige Sicherheiten und Organstrafverfügungen
4.3.1. Generelle Ermächtigung für die Zollorgane
(1) § 34 Abs. 2 ZollR-DG ermöglicht seit dem 1. Juli 2007 analog zu entsprechenden Regelungen im VStG und diversen Materiengesetzen (wie zB dem § 83 Abs. 2 Abfallwirtschaftsgesetz 2002) die Einhebung betragsmäßig begrenzter Sicherheiten sowie die Ausstellung von Organstrafmandaten für geringfügige Vergehen durch Zollorgane. Nach § 34 Abs. 2 ZollR-DG sind die Zollorgane ermächtigt, im Falle von Zuwiderhandlungen gegen die ihnen zur Vollziehung übertragenen Rechtsvorschriften
- nach Maßgabe der §§ 37 und 37a VStG vorläufige Sicherheiten bis zum Betrag von 180 Euro festzusetzen und einzuheben und
- bei geringfügigen Verstößen mit Organstrafverfügung gemäß § 50 VStG Geldstrafen bis zu 120 Euro einzuheben.
Hierbei handelt es sich um eine ex-lege-Ermächtigung zur Einhebung von vorläufigen Sicherheiten und zur Erlassung von Organstrafverfügungen in all jenen Bereichen, in denen von Gesetzes wegen eine Mitwirkung von Zollorganen bei der Vollziehung vorgesehen ist. Einer (zusätzlichen) Ermächtigung durch die Verwaltungsstrafbehörden bedarf es nicht.
(2) § 2 Abs. 1 ZollR-DG legt unter anderem fest, dass das Zollrechts-Durchführungsgesetz nur insoweit gilt, als die Rechtsvorschriften, deren Vollziehung der Zollverwaltung übertragen sind, nicht ausdrücklich anderes bestimmen. Daraus folgt, dass die Ermächtigung gemäß § 34 Abs. 2 ZollR-DG und die dort genannten Beträge von 180 bzw. 120 Euro nur dann zur Anwendung kommen, wenn diese Rechtsvorschriften hinsichtlich der Sicherheiten und Organstrafverfügungen keine abweichenden Regelungen enthalten.
(3) Auf das EU-Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetzes (EU-VStVG), BGBl. I Nr. 3/2008, wird hingewiesen (siehe Abschnitt 4.3.2.)
4.3.2. EU-Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetz
(1) Mit 1. März 2008 ist das Bundesgesetz über die Vollstreckung von Geldstrafen und Geldbußen von Verwaltungsbehörden im Rahmen der Europäischen Union (EU-Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetzes - EU-VStVG), BGBl. I Nr. 3/2008, in Kraft getreten. Durch das EU-VStVG wurde der Rahmenbeschluss 2005/214/JI über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen, ABl. Nr. L 76 vom 22.03.2005 S. 16, für den Verwaltungsbereich umgesetzt. Durch den Rahmenbeschluss, der auf eine Initiative des Vereinigten Königreiches, der Republik Frankreich und des Königreiches Schweden zurückgeht, wird der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung auf Geldstrafen und Geldbußen ausgeweitet, die von den (Gerichts- und) Verwaltungsbehörden eines anderen Mitgliedstaates auferlegt werden.
(2) Das Bundeskanzleramt hat zum EU-Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetz am 20. Juni 2008 mit GZ. BKA-603.968/0007-V/1/2008 ein Durchführungsrundschreiben erlassen, welches nachstehend auszugsweise wiedergegeben wird:
1. Inhalt des EU-VStVG
Das EU-VStVG regelt
- die Vollstreckung von Entscheidungen nicht gerichtlicher Behörden anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Österreich, soweit sie nicht im Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG), BGBl. I Nr. 36/2004, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 112/2007, geregelt ist (in den Anwendungsbereich des EU-JZG fallen zB Entscheidungen einer Justizbehörde, insbesondere der Staatsanwaltschaften) und
- die Vollstreckung von Entscheidungen österreichischer Verwaltungsbehörden in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union.
Ausgenommen vom Anwendungsbereich des EU-VStVG sind Entscheidungen der Finanz- und Zollbehörden (vgl. § 1 EU-VStVG). Der Begriff "Entscheidung" (vgl. § 2 Z 1 EU-VStVG) bezeichnet eine rechtskräftige Entscheidung über die Zahlung einer Geldstrafe oder Geldbuße (vgl. § 2 Z 2 leg. cit.) durch eine natürliche oder juristische Person (dem "Bestraften" im Sinn des § 2 Z 3 leg. cit.).
Das EU-VStVG ist nicht auf Entscheidungen anzuwenden, die sich auf vor dem 1. März 2008 begangene Übertretungen beziehen.
2. Verhältnis zu anderen Übereinkünften und Vereinbarungen
Das EU-VStVG schließt die Anwendung anderer Übereinkünfte oder Vereinbarungen zwischen Mitgliedstaaten nicht aus, insoweit diese Übereinkünfte oder Vereinbarungen Möglichkeiten bieten, die über die Bestimmungen des Rahmenbeschlusses hinausgehen und zu einer weiteren Vereinfachung oder Erleichterung der Verfahren zur Vollstreckung von Geldstrafen oder Geldbußen beitragen (§ 16 EU-VStVG).
Zur Klärung des Verhältnisses zwischen EU-VStVG und dem Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. Nr. 526/1990, wird die Erstellung eines gesonderten Durchführungsrundschreibens in Aussicht genommen.
3. Auswirkungen auf die Einhebung einer Sicherheitsleistung
3.1. Ob die Einhebung einer vorläufigen Sicherheit im Sinne des § 37a des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch das Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetz 2007, BGBl. I Nr. 5/2008, gesetzlich gedeckt ist, muss jeweils anhand der verschiedenen Aspekte beurteilt werden, die im Einzelfall auftreten und geeignet sind, die Tatbestandsvoraussetzungen des § 37a VStG zu erfüllen.
3.2. Nach Ansicht des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst führt allein der Umstand, dass es sich beim Betroffenen um eine Person mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat handelt, nicht dazu, dass die Durchführung des Strafverfahrens oder des Strafvollzugs von vornherein als wesentlich erschwert anzusehen wäre, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
- Der betreffende Mitgliedstaat hat das Übereinkommen - gemäß § 34 des Vertrags über die Europäische Union vom Rat erstellt - über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, BGBl. III Nr. 65/2005, (im Folgenden: Rechtshilfeübereinkommen) ratifiziert bzw. ist diesem beigetreten und
- der betreffende Mitgliedstaat hat den Rahmenbeschluss bereits in nationales Recht umgesetzt.
Es trifft zwar zu, dass ein solches Straf- bzw. Vollstreckungsverfahren im Vergleich zu Verfahren, die im Inland durchgeführt werden, dadurch erschwert ist, dass an den jeweiligen Mitgliedstaat herangetreten werden muss, um ein solches Verfahren durchzuführen. § 37a VStG normiert aber für die Zulässigkeit der Einhebung einer vorläufigen Sicherheit nach Abs. 2 Z 2 leg. cit., dass bei der auf frischer Tat betretenen Person eine Strafverfolgung oder der Strafvollzug offenbar unmöglich oder wesentlich erschwert sein wird. Wenn auch eine "Erschwerung" des Verfahrens eintritt, so ist aber doch das Strafverfahren auf Grund des Rechtshilfeübereinkommens und das Vollstreckungsverfahren auf Grund des umgesetzten Rahmenbeschlusses durchführbar, sodass die Erschwernis, die durch die mit dem behördlichen Auslandsverkehr verbundenen Verzögerungen und zusätzlichen Behördenschritten gegeben ist, nicht die Qualifikation erreicht, die es zulässig erscheinen ließe, von einer "wesentlich erschwerten Strafverfolgung oder Strafvollstreckung" auszugehen.
Nur dann, wenn - aus welchen Gründen auch immer - davon auszugehen ist, dass die Strafverfolgung oder die Strafvollstreckung trotz der Anwendbarkeit des Rechtshilfeübereinkommens und des ins nationale Recht umgesetzten Rahmenbeschlusses nicht möglich oder wesentlich erschwert sein wird, kann daher eine vorläufige Sicherheit eingehoben werden.
3.3. Das Rechtshilfeübereinkommen haben zum gegenwärtigen Zeitpunkt neben Österreich folgende Mitgliedstaaten ratifiziert (vgl. das Bundesgesetz BGBl. III Nr. 65/2005 und die Kundmachungen BGBl. III Nr. 28/2008 und Nr. 29/2008):
- Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Lettland, Litauen, Niederlande, Polen, Portugal, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn, Vereinigtes Königreich und Zypern
Der Rahmenbeschluss wurde zum gegenwärtigen Zeitpunkt von folgenden Mitgliedstaaten ins nationale Recht umgesetzt:
- Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Lettland, Litauen, Niederlande, Slowenien, Tschechische Republik, Rumänien und Ungarn
Der Umstand, dass der Betretene seinen Wohnsitz in Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Lettland, Litauen, den Niederlanden, Slowenien, der Tschechischen Republik oder in Ungarn hat, rechtfertigt also für sich allein nicht (mehr) die Anwendung des § 37a Abs. 2 Z 2 VStG.
3.4. Ergänzend wird bemerkt, dass vorstehende Ausführungen auch für § 37 VStG gelten.
3.5. Der Umstand, dass die Vollstreckung verweigert werden darf, wenn die verhängte Geldstrafe oder Geldbuße unter € 70 oder dem Gegenwert dieses Betrags liegt (vgl. Art. 7 Abs. 2 lit. h des Rahmenbeschlusses), führt dazu, dass bei einer voraussichtlichen Geldstrafe oder Geldbuße unter € 70 die bescheidmäßige Vorschreibung einer Sicherheitsleistung in Betracht kommt. Ist jedoch eine höhere Strafe im Falle des Schuldspruchs zu erwarten, ist die Vorschreibung einer Sicherheitsleistung nicht zulässig.
4. Vollstreckung von Entscheidungen anderer Mitgliedstaaten in Österreich
............
............