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. Zum Inhalt (ALT+0) . Zum Hauptmenü (ALT+1) . Zur Fußzeile (ALT+2) . Zu den Zusatzinformationen (ALT+3) .UStR 2000, Umsatzsteuerrichtlinien 2000
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Die Einführung der Gruppenbesteuerung im KöSt-Recht hat auf die umsatzsteuerliche Organschaft keine Auswirkung.
- 2. Unternehmer, Unternehmen (§ 2 UStG 1994)
- 2.2. Selbstständigkeit, Organschaft
2.2.2. Organschaft
2.2.2.1. Allgemeine Voraussetzungen
Organschaft nach § 2 Abs. 2 Z 2 UStG 1994 liegt vor, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert ist. Es ist nicht erforderlich, dass alle drei Eingliederungsmerkmale gleichermaßen ausgeprägt sind; Organschaft kann auch gegeben sein, wenn die Eingliederung auf einem dieser drei Gebiete weniger, dafür aber auf den anderen Gebieten stärker ausgeprägt ist. Maßgeblich ist das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse (VwGH 09.09.1980, 2595/80). Organschaft liegt nicht vor, wenn auch nur eines der Eingliederungskriterien fehlt (VwGH 15.04.1983, 82/17/0026).
Organträger kann jeder Unternehmer sein (juristische oder nicht juristische Person).
Organ (Organgesellschaft) kann jede juristische Person sein, bei der die Eingliederung möglich ist. Ab 1.1.2017 ist auch eine Personengesellschaft, bei der neben dem Organträger nur solche Personen Gesellschafter sind, die finanziell in den Organträger eingegliedert sind (kapitalistische Personengesellschaften), Organgesellschaft, wenn die sonstigen Voraussetzungen für die Organschaft vorliegen (vgl. BFH 2.12.2015, V R 25/13 unter Hinweis auf EuGH 16.7.2015, verb. Rs C-108/14 und Rs C-109/14, Larentia + Minerva und MarenaveSchiffahrt). Körperschaften öffentlichen Rechts können als solche nicht Organ sein, auch wenn sie insgesamt Unternehmereigenschaft haben (einen Betrieb gewerblicher Art bilden), weil die Eingliederung nicht gegeben sein kann. Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften öffentlichen Rechts sind keine juristischen Personen und kommen daher nicht als Organe in Betracht.
2.2.2.2. Auswirkungen
Die Auswirkungen der Organschaft sind, dass das Organ die Stellung eines Betriebes im Unternehmen des Organträgers hat. Vorgänge zwischen Organträger und dem Organ (im Organkreis) sind nicht steuerbare Innenumsätze. Die Umsätze des Organs werden dem Organträger zugerechnet. Der Organträger kann Vorsteuern auch aus Rechnungen geltend machen, die auf das Organ lauten. "Rechnungen", die innerhalb des Organkreises erteilt werden, sind umsatzsteuerrechtlich nur unternehmensinterne Belege.
Die formalen umsatzsteuerrechtlichen Pflichten sind vom Organträger zu erfüllen. Dies gilt insbesondere für die Erfüllung der Aufzeichnungspflichten (§ 18 UStG 1994), die Verpflichtung zur Abgabe von Steuererklärungen und für die Zahlungspflichten (siehe auch § 13 BAO).
Das Vorliegen einer Organschaft ist von Amts wegen wahrzunehmen (VwGH 22.02.1972, 1881/70). Für die Umsatzsteuer ist die Organschaft ab dem Zeitpunkt des Vorliegens sämtlicher Voraussetzungen zu beachten, somit auch ab einem Zeitpunkt innerhalb eines Veranlagungszeitraumes. Dies gilt auch für den Wegfall einer der Eingliederungsvoraussetzungen. Wird über das Vermögen der Organgesellschaft oder des Organträgers ein Insolvenzverfahren eröffnet, kommt es zum Wegfall zumindest der organisatorischen Eingliederung.
2.2.2.3. Die Eingliederungsvoraussetzungen im Einzelnen
2.2.2.3.1. Finanzielle Eingliederung
Finanzielle Unterordnung bedeutet kapitalmäßige Beherrschung. Entscheidend sind aber nicht nur die Höhe der Beteiligung, sondern die mit den Anteilen verbundenen Stimmrechte. Die Willensdurchsetzung des Organträgers im wirtschaftlichen und organisatorischen Geschäftsbetrieb muss sichergestellt sein. Unter der Annahme, dass die Gesellschaftsverträge keine höhere als die gesetzlich geregelte Stimmrechtsquote enthalten, liegt eine finanzielle Beherrschung bei einer Beteiligung von 75% jedenfalls vor. Bei einer stimmrechtlichen Beteiligung von mehr als 50% und weniger als 75% kann bei besonders stark ausgeprägter wirtschaftlicher und organisatorischer Unterordnung ebenfalls eine finanzielle Unterordnung vorliegen, wobei auch gesellschaftsvertragliche Stimmrechtsbindungen unter Umständen zur Bejahung einer finanziellen Unterordnung führen können. Das Kriterium der finanziellen Eingliederung ist zwischen zwei Schwesterngesellschaften nicht erfüllt, da die eine Schwesterngesellschaft nicht als Organgesellschaft in die andere Schwesterngesellschaft als Organträger finanziell eingegliedert ist, sondern sich nur die Anteile an beiden Schwesterngesellschaften in der Hand desselben Gesellschafters befinden (so nun auch BFH 01.12.2010, XI R 43/08). Schwesterngesellschaften können jedoch Teil eines Organkreises sein, wenn sie finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch demselben Organträger eingegliedert sind. Finanzielle Beherrschung durch Darlehensgewährung ist keinesfalls ausreichend (VwGH 23.11.1959, 3069/55).
2.2.2.3.2. Wirtschaftliche Eingliederung
Um das Kriterium der wirtschaftlichen Eingliederung zu erfüllen, muss die Tochtergesellschaft im Rahmen des gesamten Unternehmens in engem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Muttergesellschaft stehen. Die Rechtsprechung setzt eine vernünftige betriebswirtschaftliche Verflechtung zwischen Organträger und Organ voraus, die Tätigkeiten müssen aufeinander abgestellt sein und sich gegenseitig ergänzen (VwGH 7.5.1979, 2319/78 und VwGH 10.9.1975, 0640/73). Wechselseitige Lieferungs-(Leistungs-)Beziehungen zwischen Organträger und Organgesellschaft wie zB zwischen einer Vertriebs- und Produktionsgesellschaft stellen eine gegenseitige Verflechtung nicht bloß kapitalistischer sondern auch wirtschaftlicher Art dar. Bei einer reinen Beteiligungsholding (vermögensverwaltende Holding) fehlt es sowohl an der wirtschaftlichen Eingliederung als auch an der Unternehmereigenschaft, weshalb sie nicht Organträger sein kann.
Eine Organschaft zwischen einem Versicherungsunternehmen und einer Leasinggesellschaft wird regelmäßig nicht gegeben sein. In der Gebrauchsüberlassung an Mobilien oder Immobilien kann keine betriebswirtschaftliche Ergänzungsfunktion zur Tätigkeit eines Versicherungsunternehmens gesehen werden bzw. ist das Vermieten von Immobilien und Mobilien grundsätzlich keine Tätigkeit, die auf spezielle Aufgaben eines Versicherungsunternehmens abgestellt ist.
2.2.2.3.3. Organisatorische Eingliederung
Organisatorische Eingliederung ist gegeben, wenn die tatsächliche Durchsetzung des Willens des beherrschenden Unternehmers bei der beherrschten Gesellschaft durch organisatorische Maßnahmen gesichert ist (VwGH 9.4.1970, 0135/68). Die organisatorische Eingliederung kann in personellen Maßnahmen zum Ausdruck kommen, wenn zB eine natürliche Person in beiden Gesellschaften als Vorstand, Geschäftsführer oder Prokurist tätig ist. Eine organisatorische Unterordnung kann auch vorliegen, wenn der Organträger wesentliche organisatorische Aufgaben zB in den Bereichen Beschaffung, Vertrieb oder Rechnungswesen für die Organgesellschaft besorgt. Das der Obergesellschaft vorbehaltene Bestellungsrecht des Geschäftsführers der Untergesellschaft genügt für die organisatorische Eingliederung ebenso wenig wie die Möglichkeit, den Geschäftsführer der Untergesellschaft durch die von der Obergesellschaft beherrschte Generalversammlung wieder abzuberufen (VwGH 3.11.1966, 1884/65), oder durch die Aufsichtsratsbestellung Einfluss auf die Wahl des Vorstandes nehmen zu können (VwGH 15.4.1983, 82/17/0026). Die tatsächliche Willensdurchsetzung des Organträgers in der Organgesellschaft kann durch verbindliche Konzernrichtlinien, durch regelmäßige Berichterstattungspflichten, durch Protokolle über gemeinsame Organsitzungen usw. nachgewiesen werden.
2.2.2.4. Beschränkung der Wirkungen der Organschaft auf das Inland
Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt.
Im Inland gelegene Unternehmensteile sind
- der im Inland ansässige Organträger,
- im Inland ansässige Organgesellschaften eines inländischen oder ausländischen Organträgers,
- im Inland gelegene Betriebsstätten des Organträgers oder von Organgesellschaften, gleichgültig ob Organträger oder Organgesellschaften im Inland oder Ausland ansässig sind.
Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln.
Der Begriff des Unternehmens im Sinne des § 2 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 bleibt von der Beschränkung der Organschaft auf das Inland unberührt. Grenzüberschreitende Leistungen zwischen dem Organträger (oder der Organgesellschaft) und seinen Betriebsstätten sind (vom innergemeinschaftlichen Verbringen abgesehen) nicht steuerbare Innenumsätze.
Unabhängig davon sind grenzüberschreitende Leistungen ausländischer Organgesellschaften an den inländischen Organkreis steuerbar (vgl. EuGH 17.9.2014, Rs C-7/13, Skandia America).
2.2.2.4.1. Organträger im Inland
Zum Unternehmen gehören sämtliche zum Organkreis gehörende Unternehmensteile im Inland.
Zum Unternehmen des Organträgers gehören jedoch nur seine im Ausland gelegenen Betriebsstätten (nicht die der Organgesellschaft).
Beispiel 1:
Der Organträger O in Österreich hat eine Organgesellschaft T1 im Inland, eine
Organgesellschaft T2 in Italien.
Weiters hat der Organträger O eine Betriebsstätte BO in der Schweiz und die
Organgesellschaft T1 ebenfalls eine Betriebsstätte BT in der Schweiz. Lieferungen von O an T1 sind nicht steuerbare Innenumsätze, Lieferungen von
O an BO stellen ein nicht steuerbares Verbringen dar.
Lieferungen von O an T2 sind innergemeinschaftliche Lieferungen und an BT Ausfuhrlieferungen.
Erbringt T2 im Auftrag von T1 im Inland eine Werklieferung, so erbringt sie damit eine steuerbare Lieferung an O.
2.2.2.4.2. Organträger im Ausland
Zum Unternehmen gehören sämtliche zum Organkreis gehörende Unternehmensteile im Inland. Der Organträger und seine Organgesellschaften im Ausland bilden jeweils gesonderte Unternehmen.
Als Unternehmer im Inland gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland. Soferne nicht andere Kriterien zutreffender sind, wird man diesen nach der Höhe des Umsatzes bestimmen.
Unterhalten die inländischen Organgesellschaften Betriebsstätten im Ausland, so sind diese nur der jeweiligen Organgesellschaft zuzurechnen, gehören aber nicht zur Gesamtheit der im Inland gelegenen Unternehmensteile.
Beispiel 2
Der Organträger O in Deutschland hat in Österreich die Organgesellschaften T1 und T2 sowie die Betriebsstätte BO. In Italien hat er eine weitere Organgesellschaft T3.
T1, T2 und BO bilden das Unternehmen in Österreich (der wirtschaftlich bedeutendste
Teil - zB T1 - gilt als Unternehmer).
T1 hat die Lieferungen von O und T3 an BO als innergemeinschaftlichen Erwerb zu versteuern.
Erbringt T3 an T2 eine Katalogleistung, ist diese im Inland steuerpflichtig und die
Steuerschuld geht auf T1 über.
Beispiel 3:
Der Organträger O in Japan hat die Organgesellschaft T1 in Deutschland und die
Organgesellschaft T2 in Italien. Im Inland hat er die Betriebsstätte B1 und B2. B1 ist der wirtschaftlich bedeutendere Unternehmensteil.
B1 und B2 bilden das Unternehmen.
Soweit B1 Waren an O versendet, liegen Innenumsätze vor. Lieferungen von B2 an
T1 und T2 sind innergemeinschaftliche Lieferungen, die der B1 zuzurechnen sind.
Randzahlen 245 bis 260: derzeit frei.