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. Zum Inhalt (ALT+0) . Zum Hauptmenü (ALT+1) . Zur Fußzeile (ALT+2) . Zu den Zusatzinformationen (ALT+3) .ZK-0910, Arbeitsrichtlinie Versandverfahren
1. Zollverfahren Versandverfahren gVV/gemVV
1.1. Gemeinschaftliches/Gemeinsames Versandverfahren
1.1.1. Allgemeines, Rechtsgrundlagen und Begriffsbestimmungen
1.1.1.1. Allgemeines
(1) Das gemeinschaftliche Versandverfahren (gVV) wird eingeleitet durch eine Anmeldung zur Überführung der Nichtgemeinschaftswaren (externes Versandverfahren - T1) oder der Gemeinschaftswaren (internes Versandverfahren - T2) in das Versandverfahren. Inhaber des gemeinschaftlichen Versandverfahrens ist der Hauptverpflichtete. Das gemeinschaftliche Versandverfahren wird grundsätzlich nur eröffnet, wenn der Hauptverpflichtete Sicherheit geleistet hat (Ausnahmen davon siehe Abschnitt 1.1.3.). Die Zollstelle (Abgangsstelle) prüft die Erfüllung der für die Annahme der Versandanmeldung erforderlichen Voraussetzungen, sichert die Nämlichkeit der Waren, setzt eine Frist zur (Wieder-)Gestellung der Waren bei der Bestimmungsstelle und fertigt die Anmeldung zum Versandschein aus, der die Ware während der Beförderung zu begleiten hat. Einzelheiten dazu siehe Abschnitt 1.1.4. "Förmlichkeiten bei der Abgangsstelle".
(2) Der Hauptverpflichtete hat die Beförderung unter Beachtung der Bestimmungen des Art. 96 Abs. 1 ZK durchzuführen. Das gemeinschaftliche Versandverfahren ist beendet, wenn die Waren und der dazugehörige Versandschein bei der Bestimmungsstelle ordnungsgemäß gestellt werden. Die Abgangsstelle erledigt das Versandverfahren, nachdem sie von der Bestimmungsstelle über die ordnungsgemäße Beendigung informiert wurde und auch sonst keine Unstimmigkeiten festgestellt werden konnten.
1.1.1.2. Rechtsgrundlagen
(1) Rechtsgrundlagen für das gemeinschaftliche Versandverfahren (gVV):
- Art. 91 ZK bis Art. 97 ZK und Art. 163 ZK, Art. 164 ZK und Art. 165 ZK
- Art. 313 ZK-DVO bis Art. 462a ZK-DVO
- § 62 ZollR-DG
(2) Rechtsgrundlage für das gemeinsame Versandverfahren (gemVV):
- Übereinkommen EWG - EFTA "Gemeinsames Versandverfahren", ABl. Nr. L 226 vom 13. August 1987.
Vertragsparteien dieses Übereinkommens sind:
- Europäische Gemeinschaft
- Island, Norwegen und die Schweiz einschließlich des Fürstentums Liechtenstein
- ab 1. Juli 2012 Kroatien
- ab 1. Dezember 2012 die Türkei
(3) Abgrenzung gemeinschaftliches/gemeinsames Versandverfahren:
Das gemeinschaftliche Versandverfahren (gVV) ist unbeschadet der Beförderungsart (Straßen-, Schienen-, Luft- oder Seeverkehr, Rohrleitungsverkehr sowie Postverkehr) auf die Beförderung von Waren zwischen zwei im Zollgebiet der Gemeinschaft gelegenen Orten anzuwenden.
Das gemeinsame Versandverfahren (gemVV) ist hingegen für die Warenbeförderung zwischen der Gemeinschaft und den EFTA-Ländern sowie zwischen den einzelnen EFTA-Ländern vorgesehen. Das Übereinkommen EWG - EFTA "Gemeinsames Versandverfahren" stellt klar, dass die Warenbeförderung, solange sie innerhalb der Gemeinschaft stattfindet, als im gemeinschaftlichen Versandverfahren durchgeführt gilt (Art. 1 Abs. 2 des Übereinkommens EWG - EFTA "Gemeinsames Versandverfahren").
Zollbehörden der Mitgliedstaaten der EU haben nur dann Bestimmungen des Übereinkommens EWG - EFTA "Gemeinsames Versandverfahren" im (Schrift-)Verkehr mit den EFTA-Ländern zu zitieren, wenn ein EFTA-Land im Rahmen eines Amtshilfe- oder Suchverfahrens tätig wird/werden soll [zB: die Zollbehörden der Schweiz werden von einem österreichischen Zollamt ersucht, im Wege der Amtshilfe gemäß Art. 13 des Übereinkommens EWG - EFTA "Gemeinsames Versandverfahren" Angaben zu übermitteln, damit nach den österreichischen (EU-) Zoll- und Verwaltungsvorschriften eine Zollschuld nach Art. 204 ZK zur Entrichtung vorgeschrieben werden kann].
1.1.1.3. Begriffsbestimmungen
1.1.1.3.1. Hauptverpflichteter
Der Hauptverpflichtete ist Inhaber des gemeinschaftlichen Versandverfahrens. Er hat
a) die Waren innerhalb der vorgeschriebenen Frist unter Beachtung der von den Zollbehörden zur Nämlichkeitssicherung getroffenen Maßnahmen unverändert der Bestimmungsstelle zu gestellen;
b) die Vorschriften über das gemeinschaftliche Versandverfahren einzuhalten.
Unbeschadet der oben angeführten Pflichten des Hauptverpflichteten ist ein Warenführer oder Warenempfänger, der die Waren annimmt und weiß, dass sie dem gemeinschaftlichen Versandverfahren unterliegen, auch verpflichtet, sie innerhalb der vorgeschriebenen Frist unter Beachtung der von den Zollbehörden zur Nämlichkeitssicherung getroffenen Maßnahmen unverändert der Bestimmungsstelle zu gestellen.
1.1.1.3.2. Beförderungsmittel
Als Beförderungsmittel gelten:
- Straßenfahrzeuge, Anhänger, Sattelanhänger,
- Eisenbahnwagen,
- Wasserfahrzeuge,
- Luftfahrzeuge,
- Behälter im Sinne von Art. 557 ZK-DVO.
Als Behälter im Sinne der angeführten Bestimmung ist ein Transportgefäß (Möbeltransportbehälter, abnehmbarer Tank, abnehmbare Karosserie oder anderes ähnliches Gefäß) anzusehen, das
- einen zur Aufnahme von Waren bestimmten ganz oder teilweise geschlossenen Hohlkörper darstellt;
- von dauerhafter Beschaffenheit und daher genügend widerstandsfähig ist, um wiederholt verwendet werden zu können;
- besonders dafür gebaut ist, die Beförderung von Waren durch einen oder mehrere Verkehrsträger ohne Umladung des Inhaltes zu erleichtern;
- so gebaut ist, dass es leicht gehandhabt werden kann, insbesondere bei der Umladung von einem Verkehrsträger auf einen anderen;
- so gebaut ist, dass es leicht beladen und entladen werden kann, und einen Rauminhalt von mindestens 1 Kubikmeter hat.
"Beladbare Plattformen" (Flats) sind den Behältern gleichgestellt. Es handelt sich dabei um Ladeplattformen ohne Aufbau oder mit unvollständigem Aufbau, die in Breite und Länge dieselben Grundmaße aufweisen wie Behälter und mit seitlich angebrachten oberen und unteren Eckbeschlägen versehen sind, damit die gleichen Halte- und Hebevorrichtungen verwendet werden können wie für Behälter. "Abnehmbare Karosserien" gelten gleichfalls als Behälter. Unter einer "abnehmbaren Karosserie" ist ein Laderaum ohne Fortbewegungseinrichtung zu verstehen, der für den Transport auf einem Straßenfahrzeug bestimmt ist, wobei das Fahrgestell des Straßenfahrzeuges und der untere Rahmen der Karosserie eigens für diesen Zweck hergerichtet sind.
1.1.1.3.3. Abgangsstelle
Die Zollstelle, bei der die Anmeldung zum gemeinschaftlichen Versandverfahren angenommen wird.
1.1.1.3.4. Durchgangszollstelle
a) Die Ausgangszollstelle aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft, wenn eine Sendung dieses Zollgebiet im Verlauf eines Versandverfahrens über eine Grenze zwischen einem Mitgliedstaat und einem anderen Drittstaat als einem EFTA-Land verlässt, oder
b) die Eingangszollstelle in das Zollgebiet der Gemeinschaft, wenn die Waren im Verlauf eines Versandverfahrens das Gebiet eines Drittlandes berührt haben (zB Beförderung aus der Schweiz nach Österreich: bei der österreichischen Eingangszollstelle ist ein TC 10-Grenzübergangsschein abzugeben).
1.1.1.3.5. Bestimmungsstelle
Die Zollstelle, bei der die in das gemeinschaftliche Versandverfahren überführten Waren zur Beendigung des Verfahrens zu gestellen sind.
1.1.1.3.6. Stelle der Bürgschaftsleistung
Die von den zuständigen Behörden eines jeden Landes bestimmte Stelle, bei der eine Sicherheit in Form einer Bürgschaft geleistet wird.
1.1.1.4. Beendigung - Erledigung
(1) Das Versandverfahren endet und die Verpflichtungen des Inhabers sind erfüllt, wenn die in dem Verfahren befindlichen Waren und die erforderlichen Dokumente entsprechend den Bestimmungen des betreffenden Verfahrens am Bestimmungsort der dortigen Zollstelle gestellt werden (Art. 92 Abs. 1 ZK).
(2) Die Zollbehörden erledigen das Versandverfahren, wenn für sie auf der Grundlage eines Vergleichs der der Abgangszollstelle zur Verfügung stehenden Angaben mit den der Bestimmungszollstelle zur Verfügung stehenden Angaben ersichtlich ist, dass das Verfahren ordnungsgemäß beendet ist (Art. 92 Abs. 2 ZK).
Für die Anerkennung des Exemplars 5 der Versandanmeldung als Nachweis der ordnungsgemäßen Beendigung des Verfahrens ist der Zeitpunkt des Einlangens dieses Dokumentes bei der Abgangszollstelle ohne Belang. Je nach dem, in welchem Stadium sich das Verfahren befindet, ist (sofern sich nicht aufgrund der Umstände des Einzelfalles der konkrete Verdacht einer Fälschung ergibt) bei verspätet rücklangenden Exemplaren 5 wie folgt vorzugehen:
- Allenfalls bereits eingeleitete Suchverfahren sind abzuschließen.
- Über unerledigte Berufungsverfahren gegen Abgabenbescheide, die aufgrund der vermeintlichen Nichtgestellung ergangen sind, ist stattgebend zu entscheiden.
- Im Falle von bereits in Rechtskraft erwachsenen Abgabenbescheiden, die aufgrund der vermeintlichen Nichtgestellung ergangen sind, ist eine amtswegige Erstattung der Abgaben im Sinne des Art. 236 ZK vorzunehmen.