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- 22 Sonstige Einkünfte (§ 29 EStG 1988)
22.4 Spekulationsgeschäfte (§ 30 EStG 1988)
22.4.1 Anschaffung, Veräußerung
22.4.1.1 Anschaffung
Unter Anschaffung ist jeder entgeltliche Erwerb zu verstehen, wobei als Zeitpunkt der Anschaffung idR der Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages (zB Kauf oder Tauschvertrag) und nicht der der sachenrechtlichen Übergabe maßgebend ist (VwGH 8.2.1989, 88/13/0049; VwGH 20.11.1997, 96/15/0256). Der Veräußerung des einen Vertragspartners muss gleichzeitig eine Anschaffung durch den anderen Vertragspartner gegenüberstehen und es muss schon aus der Vereinbarung der übereinstimmende Wille zu entnehmen sein, dass als deren Folge der Gegenstand der Veräußerung dem Erwerber übergeben und ihm der freie Besitz bzw. das Eigentum daran verschafft werden soll (VwGH 17.3.1967, 0112/66; VwGH 30.10.1964, 1718/63).
Keine Anschaffung liegt vor bei Erwerb durch Schenkung, Erbschaft, Vermächtnis, Spiel oder Wette (VwGH 11.9.1997, 94/15/0134). Keine Anschaffung liegt weiters auch bei einer gemischten Schenkung vor, wenn der Schenkungscharakter des Geschäftes überwiegt (VwGH 18.9.1964, 1118/64; VwGH 21.10.1966, 1484/65; VwGH 3.3.1967, 0721/66). Die Herstellung von Wirtschaftsgütern fällt nicht unter den Begriff Anschaffung (zu den selbst hergestellten Gebäuden siehe Rz 6642 ff).
Zu den Spekulationsgeschäften zählen auch innerhalb eines Jahres abgewickelte Optionsgeschäfte. Im Rahmen derartiger Spekulationsgeschäfte stellt auch die Stillhalterprämie Einkünfte aus Spekulationsgeschäft dar. Verluste aus (anderen) Spekulationsgeschäften sind somit mit der Stillhalterprämie ausgleichsfähig. Insbesondere ist ein Verlustausgleich zwischen Glattstellungsprämie und Stillhalterprämie zulässig.
22.4.1.2 Wirtschaftliche Betrachtungsweise
Da § 30 EStG 1988 an einen wirtschaftlichen Vorgang anknüpft - nämlich jenen einer in kurzer Zeit realisierten Vermögensvermehrung -, ist er der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (§§ 21 bis 24 BAO) zugänglich. Demnach stellt auch der entgeltliche Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums eine Anschaffung dar (VwGH 22.9.1981, 0217/80). Der Zeitpunkt des förmlichen Abschlusses des Kaufvertrages ist dann nicht maßgebend, wenn schon vorher ein Tatbestand verwirklicht wurde, der den wirtschaftlichen Vorteil eines Verkaufsgeschäftes für beide Vertragsteile vorwegnimmt (VwGH 17.12.1965, 2372/64; VwGH 23.2.1971, 1753/70; VwGH 20.11.1997, 96/15/0256). Der Abschluss eines Nutzungsvertrages (Vorvertrages) kann nur dann als Anschaffungsgeschäft angesehen werden, wenn es sich von Anfang an um eine beide Vertragspartner bindende, den späteren Kaufvertrag wirtschaftlich vorwegnehmende Vereinbarung handelt (VwGH 7.4.1981, 3294/80).
Nach der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise darf es bei der Ermittlung der Spekulationseinkünfte keinen Unterschied machen, ob dem Veräußerer die wirtschaftlichen Vorteile vom Erwerber oder von Dritten (am Zustandekommen des Veräußerungsgeschäftes interessierten) Personen gewährt werden. Damit ist neben dem von der Käuferseite an den Beschwerdeführer bezahlten Betrag für die Veräußerung von Miteigentumsanteilen auch ein Betrag als Veräußerungserlös zu werten, den ein weiteres Mitglied der Verkäufergemeinschaft (und Mehrheitseigentümer, der ein großes wirtschaftliches Interesse am streitgegenständlichen Dachbodenabverkauf besessen hatte) im Zusammenhang mit dem Verkauf bezahlt hat (VwGH 28.11.2000, 97/14/0032).
22.4.1.3 Tausch, Realteilung, Zivilteilung, Pflichtteilsanspruch
Während der Tausch zivilrechtlich und wirtschaftlich ein entgeltliches Geschäft ist, liegt bei der Realteilung eines im Miteigentum stehenden Wirtschaftsgutes wirtschaftlich betrachtet keine Anschaffung und Veräußerung vor, soweit nicht ein Spitzenausgleich mit außerhalb der Teilungsmasse befindlichen Wirtschaftsgütern geleistet wird (VwGH 22.6.1976, 0507/74, 0509/74, 0529/74). Bei Zivilteilung einer Liegenschaft und der damit verbundenen Veräußerung im Wege der öffentlichen Feilbietung liegt eine Veräußerung iSd § 30 EStG 1988 vor (VwGH 16.9.1975, 0733/75). Da bei allen Arten des Erwerbes von Todes wegen die Unentgeltlichkeit wirtschaftlich gesehen ausschlaggebend ist, kann der Erwerb in Anrechnung auf den Pflichtteilsanspruch nicht als Anschaffung angesehen werden (VwGH 27.11.1968, 0290/68).
22.4.1.4 Entnahme
Geht der Veräußerung eine Entnahme aus dem Betriebsvermögen voraus, ist diese Entnahme nicht als Anschaffung iSd § 30 EStG 1988 anzusehen (VwGH 28.2.1973, 0900/72); bei Berechnung der Spekulationsfrist ist daher vom Zeitpunkt der tatsächlichen Anschaffung auszugehen. Bei Ermittlung der Einkünfte aus Spekulationsgeschäften ist in diesem Fall der Veräußerungserlös um etwaige bei der Entnahme realisierte stille Reserven, höchstens jedoch um die Differenz zwischen den Anschaffungskosten und dem Teilwert im Zeitpunkt der Entnahme, zu kürzen. Zu den auf angeschaffte Gebäude getätigten Herstellungskosten siehe Rz 6642 ff.
22.4.1.5 Darlehenskonvertierung
Eine innerhalb der Spekulationsfrist von einem Jahr nach Darlehensaufnahme erfolgende Konvertierung eines Fremdwährungsdarlehens in ein Darlehen in Schilling (Euro) oder in eine über fixe Wechselkurse zum Schilling (Euro) gleichgeschaltete Währung führt zu Einkünften aus Spekulationsgeschäft in Höhe der Differenz der unterschiedlichen Tilgungsbeträge der verschiedenen Darlehen auf Schilling/Euro-Basis. Erfolgt die Konvertierung in eine zum Schilling oder Euro wechselkurslabile Währung, sind im Zeitpunkt der Konvertierung mangels Zuflusses des Kursvorteiles keine Einkünften aus Spekulationsgeschäft zu erfassen.
Die bloße Darlehenstilgung in einer fremden Währung führt nicht zu Einkünften aus Spekulationsgeschäft.