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Richtlinie des BMF vom 17.10.2008, BMF-040410/0017-VI/6/2008 gültig von 17.10.2008 bis 18.07.2018

InvFR 2008, Investmentfondsrichtlinien 2008

  • 3. Sondervorschriften für ausländische Fonds
  • 3.1. Allgemeines

3.1.3. Begriff des ausländischen Investmentfonds

3.1.3.1. Allgemeines

253

§ 42 Abs. 1 InvFG 1993 und § 42 Abs. 1 ImmoInvFG enthalten eine weite Legaldefinition für steuerliche Zwecke. Diese Definitionen gelten ungeachtet der Tatsache, ob im Inland eine Zulassung zum Vertrieb und die Auflage zur öffentlichen Zeichnung gegeben sind, oder das Recht des Sitzstaates diesen als Investmentfonds anerkennt.

3.1.3.2. Definition

254

Ein ausländischer Investmentfonds ist

  • jedes einem ausländischen Recht unterstehende Vermögen,
  • ungeachtet der Rechtsform,
  • welches nach Gesetz, Satzung oder tatsächlicher Übung,
  • nach den Grundsätzen der Risikostreuung
  • angelegt ist und
  • kein ausländischer Immobilienfonds und
  • keine Veranlagungsgemeinschaft in Immobilien gemäß § 14 KMG ist.

3.1.3.3. Rechtsform des ausländischen Investmentfonds

255

Unter § 42 InvFG 1993 fallen Konstruktionen jeder rechtlichen Art, wie zB solche,

  • bei denen die Anteilinhaber (-berechtigten) direkt Miteigentum am Fondsvermögen haben (Vertragstyp, österreichischer Fondstyp),
  • bei denen die Anteilinhaber (-berechtigten) indirekt über einen Treuhänder Miteigentum am Fondsvermögen haben (Treuhandtyp),
  • bei denen die Anteilinhaber (-berechtigten) Aktionäre einer Kapitalgesellschaft sind (Gesellschafts- oder Beteiligungstyp),
  • bei denen Vermögen im Treuhandeigentum einer Verwaltungsgesellschaft steht (Trusttyp).

3.1.3.4. Rechtscharakter des Anteilsrechts

256

Für Zwecke des Kapitalertragsteuerabzuges hat das Anteilsrecht ungeachtet der tatsächlichen Rechtsform insoweit den Charakter eines Forderungswertpapiers, als der Ausschüttung bzw. den ausschüttungsgleichen Erträgen von Meldefonds die in § 93 Abs. 3 Z 4 EStG 1988 aufgezählten Erträge zugrunde liegen (§ 93 Abs. 3 Z 5 EStG 1988). Ausschüttungen aus weißen und schwarzen ausländischen Investmentfonds sind in voller Höhe KESt-pflichtig (§ 42 Abs. 4 InvFG 1993). Die KESt-Pflicht besteht unabhängig davon, ob es sich nach dem Recht des Sitzstaates der Kapitalanlagegesellschaft etwa um eine Aktie handelt. Ein Typenvergleich, wie ihn das Körperschaftsteuerrecht bei ausländischen Körperschaften anstellt (siehe KStR 2001 Rz 110), erfolgt nicht.

3.1.3.5. Kapitalveranlagung

257

Zweck des Investmentgeschäftes ist grundsätzlich die Kapitalveranlagung. Ist nicht sofort erkennbar, dass ein ausländischer Investmentfonds vorliegt, ist in erster Linie zu prüfen, ob der Veranlagungsgedanke im Vordergrund steht.

Unterliegt ausländisches Vermögen einem dem österreichischen Investmentrecht vergleichbaren Recht, ist dies Indiz für einen ausländischen Investmentfonds. Dagegen ist der Umkehrschluss nicht zulässig: Auch wenn die Veranlagungsform einem dem österreichischen Investmentrecht vergleichbaren Recht nicht unterliegt, kann ein ausländischer Investmentfonds vorliegen.

Veranlagungen, welche gemäß §§ 20 ff InvFG 1993 in Österreich nicht zulässig sind, schließen das Vorliegen eines ausländischen Investmentfonds nicht aus.

258

Gleiches gilt bei Nichteinhaltung von Verfügungsbeschränkungen im Sinne des § 4 InvFG 1993 durch einen ausländischen Investmentfonds. Veranlagt ein Organismus in Unternehmensbeteiligungen, sind weder das Beteiligungsausmaß noch die Rechtsform der Beteiligungsgesellschaft (zB Mitunternehmerschaft, Kapitalgesellschaft) ein ausreichendes Kriterium für die Nichtqualifizierung als ausländischer Investmentfonds. Ebenso bildet die Form der Beteiligung (zB Genussrecht, stille Gesellschaft) für sich allein keinen hinreichenden Hinweis auf den Umstand, dass die Kapitalveranlagung nicht im Vordergrund steht.

259

Haben Anleger ihre Einlage nicht bereits beim Anteilserwerb zu leisten und wird der Einlagenzeitpunkt vom Finanzierungsbedarf der Beteiligungsgesellschaft oder ihrer Portfoliogesellschaften abhängig gemacht (Einzahlung auf Abruf), spricht dies, ebenso wie etwaige Nachschussverpflichtungen der Anleger, gegen eine Vergleichbarkeit des ausländischen Vermögens mit einem inländischen Investmentfondsvermögen.

260

Wenn der Einfluss auf die operative Tätigkeit der Unternehmensbeteiligungen über einen bloßen Kapitalsicherungsaspekt hinausgeht, werden typische unternehmerische Funktionen ausgeübt (Koordinierungsfunktionen, Nutzung von Synergien, Förderung der Kooperation zwischen den Unternehmungen usw.). Dies spricht in der Regel gegen das Vorliegen eines ausländischen Investmentfonds.

3.1.3.6. Risikostreuung

261

Ein weiteres zentrales Element im Investmentrecht bildet die Risikostreuung. Zur Überprüfung, ob eine ausreichende Risikostreuung gegeben ist, können die Veranlagungsvorschriften des § 20 InvFG 1993 herangezogen werden. Für die Annahme einer Veranlagung nach den Grundsätzen der Risikostreuung genügt bei Halten von 50% liquiden Mitteln und einer Ausreizung aller Veranlagungshöchstgrenzen der Erwerb von Wertpapieren von sechs verschiedenen Ausstellern (§ 20 Abs. 3 Z 5 InvFG 1993). Bei geringeren liquiden Mitteln erhöht sich die Mindestzahl der verschiedenen Aussteller um je einen Titel pro angefangene 5% der geringeren liquiden Mittel. Die Einhaltung der Veranlagungsvorschriften des § 20 InvFG 1993 in quantitativer und qualitativer Hinsicht ist allerdings nicht zwingende Voraussetzung für die Qualifizierung als ausländischer Investmentfonds. Es kann daher qualitativ durchaus auch in nach § 20 InvFG 1993 nicht zugelassene Produkte (zB Edelmetalle) veranlagt werden, sofern quantitativ eine Mehrzahl von unterschiedlichen Produkten mit unterschiedlichen Risken vorliegt. Die Risikostreuung kann nach der Art der Wertpapiere, der Branchenzugehörigkeit ihres Emittenten, der Berücksichtigung des Währungsrisikos, nach Fälligkeit, usw. überprüft werden.

262

Die Risikostreuung kann auch mittelbar erfolgen, weil für das Steuerrecht - anders als für das Aufsichtsrecht - eine wirtschaftliche Betrachtungsweise maßgebend ist.

Beispiel:

Ein Investor hat Anteile an der M-Gesellschaft, die ihrerseits 100% der Anteile an der T-Gesellschaft hält. Die T-Gesellschaft investiert nach den Grundsätzen der Risikostreuung. Die Risikostreuung im Sinne des § 42 Abs. 1 InvFG 1993 liegt (mittelbar) vor.