Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis des BFG vom 14.01.2020, RV/7103579/2019
Versteuerung des Vorschusses auf das Rehabilitationsgeld und Pflichtveranlagung

Rechtssätze

Keine Rechtssätze vorhanden

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch R in der Beschwerdesache Bf., W, über die Beschwerde vom 28.07.2017 gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 8/16/17 vom 25.07.2017, 06 088/3683 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2016 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Am 29.5.2017 langte die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2016 elektronisch bei der belangten Behörde ein.

Mit Bescheid vom 25.7.2017 erfolgte die Veranlagung, die eine Nachforderung von

€ 5.358.- ergab.

Der Veranlagung waren u.a. auch diverse Bezüge an Krankengeld durch die Wiener Gebietskrankenkasse zu Grunde gelegt worden, die von dieser der belangte Behörde durch Übermittlung eines Lohnzettels zur Kenntnis gebracht worden waren. Ausdrücklich erwähnt, da strittig, sei in diesem Zusammenhang der Bezug von € 21.375,90 netto (bzw. € 24.938,55 brutto) für den Zeitraum "012016-012016".

Gegen den Bescheid wurde mit Schreiben vom 28.7.2017 Beschwerde erhoben und unter Hinweis auch die Nachzahlung von € 5.358.- vorgebracht, es lägen nicht die Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung nach § 41 Abs. 1 vor, da es sich um eine Antragsveranlagung gem. § 41 Abs. 2  handle. Er ziehe hiermit den Antrag auf Veranlagung zurück.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom 19.9.2017 als unbegründet abgewiesen und begründend ausgeführt, dass infolge Krankengeldbezuges der Pflichtveranlagungstatbestand des § 41 Abs. 1 Zif. 3 EStG 1988 vorliege.

Im Vorlageantrag vom 21.9.2017 brachte der Bf. vor, dass der Einkommensteuerbescheid unrichtig sei. Er habe nie € 21.375,90 von der WGKK erhalten. Lt Auskunft der WGKK handle es sich dabei um eine Zahlung der WGKK an das AMS für deren Vorleistung an ihn im Jahr 2015. Die Einkünfte, die er vom AMS im Jahr 2015 als Vorleistung auf das Rehabiliatationsgeld erhalten habe, hätten allerdings nur € 12.308,80 betragen.

Der Bf. legte folgende, von der WGKK erstellte, Unterlagen vor:

- 16.5.2014: Rehabilitationsgeld ab 1.2.2014-31.1.2015, € 101,79 brutto täglich

- 30.4.2015 und 21.6.2016: Rehabilitationsgeldbestätigungen

- 28.4.2016. Mitteilung über den Leistungsanspruch "Vorschuss Rehabilitationsgeld" für 1.5.2015 bis letztlich 26.1.2017

- 18.7.2016: Aufschlüsselung des Anweisungsbetrages i.H. von € 16.199,24 (REHA-Geld 1.5.15-15.7.16, € 37.057,28, EINBEHALT AMS Wien € 20.858,04)

Im Vorlagebericht vom 1.7.2019 führte die belangte Behörde folgendes aus:

"Im Kalenderjahr 2016 sind sowohl AMS-Bevorschussungen auf das Rehabilitationsgeld, als auch zusätzlich Rehabilitationsgeld-Zahlungen direkt von der WGKK zugeflossen.

Die als steuerfreie Bezüge gem. § 3 (1) EStG 1988 gemeldeten AMS-Bezüge sind als solche nicht in die Abgabenbemessung mit einbezogen worden, auch nicht für Zwecke eines besonderen Progressionsvorbehalts.

Nach den Klarstellungen des VwGH im Erkenntnis v. 19.12.2018, Ro 2017/15/0025 hat der Steuergesetzgeber das Rehabilitationsgeld (mit der Begründung, dass das anstelle einer befristeten Invaliditätspension oder Berufsunfähigkeitspension getretene Rehabilitationsgeld durch den Krankenversicherungsträger geleistet wird, und es zudem funktional als eine Fortsetzung des Krankengeldes anzusehen ist) in § 69 Abs.2 EStG 1988 dem Krankengeld gleichgestellt.

Wie der VwGH in diesem Erk. v. 19.12.2018 bestätigt hat, gilt der Vorschuss auf das Rehabilitationsgeld für den Fall, dass Rehabilitationsgeld nicht zuerkannt wird, gemäß § 23 Abs.8 AlVG als Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe.

Wird hingegen Rehabilitationsgeld zuerkannt, ist die AMS-Leistung (gemäß § 23 Abs.1 AlVG 1977) als steuerpflichtiger Vorschuss auf die beantragte Leistung (Rehabilitationsgeld) zu beurteilen.

Eine allfällige Rückzahlung solcher Leistungen ist gemäß § 16 Abs.2 EStG 1988 zu berücksichtigen.

Im Beschwerdejahr 2016 wurde Rehabilitationsgeld gewährt, folglich sind die AMS-Vorschüsse als steuerpflichtige Bezüge zu qualifizieren. Gleichzeitig ist die Einrechnung der AMS-Vorschüsse in die zu gewährenden Rehabilitationsgelder einer Rückzahlung der (nunmehr steuerpflichtigen) AMS-Leistungen gleichzuhalten.

Im Juli 2016 wurden auch AMS-Leistungen für 01.05.2015 – 31.12.2015 gegengerechnet, diese sind somit als Werbungskosten zu berücksichtigen, die „AMS-Bezüge“ aus 2015 (€ 12.308,80) sind als Werbungskosten in Abzug zu bringen.

Es wird daher beantragt, (teilweise) stattgebend zu entscheiden, und die im angefochtenen Bescheid ausgewiesenen Einkünfte um die o. a. Werbungskosten zu verringern.

 

Über die Beschwerde wurde erwogen:

 

Liegt kein Pflichtveranlagungstatbestand vor, können beantragte Veranlagungen bis zur Rechtskraft des Abgabenbescheides (vor Erlassung des Erstbescheides oder im Beschwerdewege) wie andere Parteianträge auch zurückgezogen werden. In den Pflichtveranlagungsfällen des § 41 Abs. 1 EStG 1988 ist dies nicht möglich (Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG 15. EL, § 41 Anm. 30, mit Verweis auf UFS 17.3.2008, RV/0216-G/06).

Da der Bf. im Jahr 2016 unzweifelhaft Bezüge aus  der gesetzlichen Krankenversorgung bzw. Rehabilitationsgeld bezogen hat, war gem. § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 eine Pflichtveranlagung vorzunehmen, unabhängig davon, dass der Bf. einen Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung selbst einbrachte. 

Im Vorlageantrag wendet sich der Bf. dagegen, dass bei Ermittlung des Einkommens zu Unrecht ein Betrag von € 21.375,90, ausbezahlt von der WGKK, miteinbezogen worden sei. Dabei soll es sich lt. seiner Information um die Zahlung der WGKK an das AMS handeln, dass eine Vorleistung für das Rehabilitationsgeld erbracht habe. 2015 habe er aber nur € 12.308,80 an Vorschuss durch das AMS erhalten.

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass der o.a. Betrag der belangten Behörde von der WGKK gem. § 84 bzw. § 3 Abs. 2 EStG 1988 gemeldet worden ist.

Der Bf. wurde mit Vorhalt vom 28.10.2019 ersucht, bis 2.12.2019 an Hand von weitern Unterlagen näher zu begründen, warum die von der WGKK für das Jahr 2016 gemeldeten Bezüge von € 21.375,90 unrichtig seien bzw. bekanntzugeben, falls eine weitere Aufklärung nicht erfolgen sollte.

Die Zustellung des Vorhaltes erfolgte am 30.10.2019 durch Hinterlegung

Eine Beantwortung erfolgte bis dato nicht.

Hinsichtlich der rechtlichen Natur des Rehabilitationsgeldes und des rechtlichen Schicksals eines Vorschusses auf dieses ist der von der belangten Behörde im Vorlagebericht vertretenen Auffassung zuzustimmen.

Der Bf. bestreitet nicht, dass der Vorschuss auf das Rehabilitationsgeld vergangener Jahre, bei dessen endgültiger Zuerkennung, hier im Jahr 2016, als Krankengeld der Besteuerung zu unterziehen ist.

Infolge des Zuflusses im Kalenderjahr 2016 ist der Lohnzettel gem. § 19 Abs. 1 EStG  in die Abgabenbemessungsgrundlage miteinzubeziehen (vgl. auch VwGH vom 19.12.2018, Ro 2017/15/0025).

Auf welche konkreten Leistungsanteile für welche Jahre sich dieser Betrag bezieht, bzw. welche Vorleistungen für welche Jahre daraus im Rahmen einer Erstattung an die Träger der Vorleistungen zugeflossen sind, ist aus dem Lohnzettel nicht ableitbar und wurde vom Bf. auch nicht aufgeklärt.

Das Bundesfinanzgericht geht daher davon aus, dass der der belangten Behörde von der WGKK mitgeteilte Betrag i.H. von € 21.375,90 korrekt ermittelt wurde und jedenfalls auch auf Grund der nachträglichen Zuerkennung von Rehabilitationsgeld erstellt wurde.

Der belangten Behörde ist ebenfalls zuzustimmen, dass der im Juli 2016 gegengerechnete Vorschuss auf das Rehabilitationsgeld für den Zeitraum Mai 2015 bis Dezember 2015 bei der Veranlagung des Jahres 2016 als Werbungskosten zu berücksichtigen ist.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

 

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Dass die nachträgliche Gewährung des zunächst als Vorschuss ausbezahlten Rehabilitationsgeldes als steuerpflichtige Einnahme bzw. als Krankengeld zu behandeln ist, wurde vom Verwaltungsserichtshof bereits judiziert.

 

 

Wien, am 14. Jänner 2020

 

Zusatzinformationen

in Findok veröffentlicht am:10.02.2020
Materie:
  • Steuer
betroffene Normen:
ECLI:
  • ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103579.2019
Schlagworte:Pflichtveranlagung, Rehabilitationsgeld
Systemdaten: Findok-Nr: 127072.1
aufgenommen am: 10.02.2020 13:47:16
Dokument-ID: 8e69a259-9f27-441b-b772-4e518a3d3b1a
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