

Rechtssätze
Stammrechtssatz
Mit dem Tag der Einbringung eines Antrages auf Fristverlängerung hat die Hemmung des Fristenlaufes gemäß § 245 Abs. 4 BAO bereits begonnen. Mit Ablauf des Tages, an dem die Hemmung des Fristenlaufes endet, beginnt schließlich noch jener Teil der Beschwerdefrist weiterzulaufen, der mit Ablauf des Tages, der dem Tag der Einbringung des Fristverlängerungsantrags vorangegangen ist, noch unverbraucht war (vgl. VwGH 05.03.2020, Ro 2019/15/0008).
Zusatzinformationen
betroffene Normen: |
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. A in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch die Stb-GmbH, über die Beschwerde vom 21.12.2020 gegen den Bescheid des Finanzamtes ***1*** (nunmehr Finanzamtes Österreich) vom 25.08.2020 betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2018 (Steuernummer: ***/****) beschlossen:
Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
1. Mit Bescheid vom 25.08.2020 hob das Finanzamt den am 04.02.2020 erlassenen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2018 nach § 299 BAO auf und erließ mit gleichem Datum einen neuen Einkommensteuerbescheid für dieses Jahr, in dem es die im Erstbescheid erklärungsgemäß angesetzten Werbungskosten aus einer doppelten Haushaltsführung nur zum Teil anerkannte. Dieser Bescheid ist am 26.08.2020 elektronisch über FinanzOnline in die Databox der zustellungsbevollmächtigten steuerlichen Vertreterin des Beschwerdeführers (kurz: Bf) eingebracht worden.
2. Am 25.09.2020 beantragte die steuerliche Vertreterin der Bf über FinanzOnline die Verlängerung der Beschwerdefrist bis zum 06.11.2020 und mit elektronischer Eingabe vom 03.11.2020 die neuerliche Verlängerung der Beschwerdefrist bis zum 18.12.2020. Als Begründung wurde wie bereits im ersten Antrag vom 25.09.2020 angeführt, dass noch nicht alle erforderlichen Unterlagen und Informationen vorliegen würden.
3. Mit Bescheid vom 07.12.2009 gab das Finanzamt dem Antrag vom 03.11.2020 nicht statt. In der Begründung wird angeführt, im gegenständlichen Fall sei bereits um Fristverlängerung bis zum 06.11.2020 angesucht worden. Diesem Antrag sei entsprochen worden. Die vorgebrachte Begründung vermöge eine neuerliche Verlängerung der Frist nicht zu rechtfertigen.
Daneben findet sich nachfolgender Hinweis:
"Achtung! Durch Ihren Antrag auf Fristverlängerung wurde der Lauf der Beschwerdefrist
(Antragsfrist) gehemmt. Die Hemmung des Fristenlaufes beginnt mit dem Tag der Einbringung
des Antrages und endet mit dem Tag, an dem Ihnen diese Entscheidung zugestellt wird.
Diese Hemmung kann jedoch nicht dazu führen, dass die Beschwerdefrist erst nach dem
Zeitpunkt, bis zu dem letztmals ihre Verlängerung beantragt wurde, abläuft."
4. Mit Übernahmebestätigung vom 14.12.2020 wurde dieser Bescheid der zustellungsbevollmächtigten steuerlichen Vertreterin des Bf postalisch (RSb) zugestellt.
5. Mit Schriftsatz vom 21.12.2020 (Postaufgabestempel) erhob der Bf gegen den eingangs erwähnten Einkommensteuerbescheid vom 25.08.2020 Beschwerde.
6. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 28.01.2021 wies das Finanzamt die Beschwerde als nicht fristgerecht eingebracht zurück und verwies auf den oben angeführten Abweisungsbescheid vom 07.12.2020 betreffend den 2. Fristverlängerungsantrag für die Einbringung einer Beschwerde.
7. Im Vorlageantrag vom 18.02.2021 gab der Bf die in der Beschwerdeschrift vorgebrachten Einwendungen zu den nicht anerkannten Werbungskosten erneut wortwörtlich wieder ohne auf die Zurückweisung der Beschwerde durch das Finanzamt wegen verspäteter Eingabe näher einzugehen.
Sachverhalt und Beweiswürdigung:
8. Der hier strittige Einkommensteuerbescheid vom 25.08.2020 ist am Mittwoch dem 26.08.2020
um 02:35 Uhr über FinanzOnline in die Databox der zustellungsbevollmächtigten steuerlichen
Vertreterin der Bf eingebracht worden.
Am 25.09.2020 beantragte die steuerliche Vertreterin der Bf die Verlängerung der Beschwerdefrist
bis zum 06.11.2020 und mit Eingabe vom 03.11.2020 die neuerliche Verlängerung der
Beschwerdefrist bis zum 18.12.2020.
9 Mit Bescheid vom 07.12.2020 wies das Finanzamt den neuerlichen Antrag vom 03.11.2020, der der steuerlichen Vertreterin des Bf am 14.12.2020 postalisch (RSb) zugestellt worden ist, ab.
10. Mit der am Montag, den 21.12.2020 um 17:12 Uhr zur Post gegebenen Sendung erhob der Bf durch ihre steuerliche Vertreterin gegen den Einkommensteuerbescheid für 2018 vom 25.08.2020 Beschwerde.
11. Die Teilnahme der steuerlichen Vertreterin der Bf an FinanzOnline und die elektronische Zustellung des angefochtenen Bescheides am 26.08.2020 in die Databox ist unstrittig und ergibt sich auch aus einer Abfrage im elektronischen Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung. Der Zustellungszeitpunkt des Bescheides ergibt sich aus der Beantwortung einer Anfrage des Gerichtes in der zuständigen Dienststelle des Finanzamtes.
12. Die Zustellung (RSb) des Bescheides vom 07.12.2020 am 14.12.2020, mit dem das Finanzamt den neuerlichen Antrag vom 03.11.2020 auf Verlängerung der Beschwerdefrist bis zum 18.12.2020 abgewiesen hat, ist der vorliegenden Übernahmebestätigung zu entnehmen.
13. Dass die postalisch eingebrachte Beschwerde erst am 21.12.2020 übersendet worden ist, ergibt sich aus dem Datumsstempel "21122020" auf dem Kuvert der Sendung, mit der die Beschwerde eingebracht worden ist. Zudem hat das Finanzamt zu der auf diesem Kuvert angebrachten Sendungsnummer RM+++++++++AT die Sendungsdetails erhoben, danach ist nach der vorliegenden Abfrage die Postaufgabe dieser Sendung am Montag, den 21.12.2020 um 17:12 Uhr bei einer Postaufgabestelle der Postleitzahl 1090 erfolgt.
Rechtslage und Erwägungen:
14. Strittig ist, ob die Einbringung der Beschwerde gegen den gegenständlichen Einkommensteuerbescheid fristgerecht erfolgt ist.
15. Gemäß § 97 Abs. 1 BAO werden behördliche Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt gemäß § 97 Abs. 1 lit. a BAO bei schriftlichen Erledigungen (von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen) durch Zustellung.
16. Nach § 98 Abs. 1 BAO sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, Zustellungen nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, vorzunehmen, das gilt nicht für den 3. Abschnitt des ZustG (Elektronische Zustellung).
Elektronisch zugestellte Dokumente gelten nach § 98 Abs. 2 BAO als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen.
17. Gemäß § 243 BAO sind gegen Bescheide, die Abgabenbehörden erlassen, Beschwerden (Bescheidbeschwerden) an die Verwaltungsgerichte zulässig, soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist.
Gemäß § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat.
§ 245 Abs. 3 und 4 BAO lautet:
"(3) Die Beschwerdefrist ist auf Antrag von der Abgabenbehörde aus berücksichtigungswürdigen
Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt, zu verlängern. Durch einen Antrag auf
Fristverlängerung wird der Lauf der Beschwerdefrist gehemmt.
(4) Die Hemmung des Fristenlaufes beginnt mit dem Tag der Einbringung des Antrages
(Abs. 2 oder 3) und endet mit dem Tag, an dem die Mitteilung (Abs. 2) oder die Entscheidung
(Abs. 3) über den Antrag dem Antragsteller zugestellt wird. In den Fällen des Abs.
3 kann jedoch die Hemmung nicht dazu führen, dass die Beschwerdefrist erst nach dem
Zeitpunkt, bis zu dem letztmals ihre Verlängerung beantragt wurde, abläuft."
18. Gemäß § 108 Abs. 2 BAO enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates.
Beginn und Lauf einer Frist werden gemäß § 108 Abs. 3 BAO durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.
19. Gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde.
20. Im Beschwerdefall wurde der angefochtene Einkommensteuerbescheid am 26.08.2020 elektronisch zugestellt. Da das Ende der Beschwerdefrist von einem Monat, der 26.09.2020, auf einen Samstag viel, ist nach § 108 Abs. 3 BAO als letzter Tag der Beschwerdefrist der Montag, der 28.09.2020 anzusehen.
21. Durch den am 25.09.2020 gestellten Antrag auf Fristverlängerung wurde der Lauf der Beschwerdefrist gehemmt und endete am 14.12.2020, an dem Tag, an dem die Vertreterin des Bf den Bescheid über die Abweisung des neuerlichen Antrages auf Fristverlängerung übernommen und ihr damit ordnungsgemäß zugestellt worden ist.
22. Der Tag der Einbringung des Antrags auf Fristverlängerung sowie der Tag der Zustellung
der abweisenden Entscheidung sind beide von der Hemmung umfasst.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 05.03.2020, Ro 2019/15/0008 (unter Verweis auf die dort angeführte Literatur: Ellinger ua, BAO3 § 245 Anm. 29; Ritz, BAO6 § 245 Rz 38 f; Stoll, BAO-Kommentar 2523 f) dazu ausgesprochen hat, beginnt mit Ablauf des Tages, an dem
die Hemmung des Fristenlaufes endet, jener Teil der Frist weiterzulaufen, der mit
Ablauf des Tages, der dem Tag der Einbringung des Fristverlängerungsantrags vorangegangen
ist, noch unverbraucht war, hat die Hemmung des Fristenlaufes doch gemäß § 245 Abs.
4 BAO bereits mit dem Tag der Einbringung des Antrages auf Fristverlängerung begonnen
(vgl. auch VwGH 25.05.2020, Ro 2019/13/0023; SWK-Heft 30, 1434 ff).
23. Das 1. Fristverlängerungsansuchen stellte der Bf am 25.09.2020. Die Beschwerdefrist endete am Montag, den 28.09.2020. Damit waren noch vier Tage der Beschwerdefrist offen. Das 2. Fristverlängerungsansuchen vom 03.11.2020 zur weiteren Fristverlängerung bis 18.12.2018 führte zu einer durchgehenden Hemmung des Fristenlaufes bis zur Zustellung des Bescheides über die Abweisung des 2. Fristverlängerungsansuchen am 14.12.2020. Die Hemmung der Frist endete daher mit Ablauf des 14.12.2020. Danach standen dem Bf noch vier Tage der Beschwerdefrist offen, somit bis zum Ablauf des 18.12.2020 (Freitag). Die am Montag, den 21.12.2021 eingebrachte Beschwerde erweist sich daher als verspätet.
24. Wie der Verwaltungsgerichtshof im oben angeführten Beschluss darauf hinweist, kommt man zum selben Ergebnis, wenn man die abgelaufene reguläre Beschwerdefrist um den Hemmungszeitraum verlängert. Im gegenständlichen Fall ist die reguläre Beschwerdefrist am 28.09.2020 abgelaufen. Der Hemmungszeitraum der Beschwerdefrist betrug vom 25.09.2020 (Antragstellung) bis einschließlich 14.12.2020 (Abweisung des Antrages), somit insgesamt 81 Tage. Erhöht man die Beschwerdefrist um diese 81 Tage, so kommt man ebenso zu einem Fristablauf am 18.12.2020.
Zulässigkeit einer Revision
25. Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist eine ordentliche Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
26. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war hier nicht zu lösen. Die Rechtsfolge der Zurückweisung einer verspätet eingebrachten Beschwerde ergibt sich aus den oben angeführten gesetzlichen Bestimmungen und der dazu angeführten Rechtsprechung. Für die Zulassung einer ordentlichen Revision besteht daher kein Anlass.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Innsbruck, am 9. April 2021
Zusatzinformationen
in Findok veröffentlicht am: | 09.06.2021 |
Materie: |
|
betroffene Normen: |
|
Verweise: | |
ECLI: |
|
Systemdaten: | Findok-Nr: 133110.1 aufgenommen am: 09.06.2021 10:39:34 zuletzt geändert am: 14.06.2021 Dokument-ID: 43a4be6a-c811-4d10-9dd5-ef3464a83db5 Segment-ID: a5cc0396-58a1-4f95-987d-e3d88266a125 |
