

Rechtssätze
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. R. in der Beschwerdesache A-GmbH vertreten durch ÖBUG DR. NIKOLAUS Wirtschaftstreuhand KG Steuerberatungsgesellschaft, St Veit-Gasse 8, 1130 Wien, über die Beschwerde vom 28.12.2017 gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Wien 8/16/17 vom 24.11.2017, betreffend Umsatzsteuer 2016, Festsetzung der Umsatzsteuer für die Zeiträume 1-7/2017 und 9/2017, zu Recht erkannt:
-
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.Die Umsatzsteuer für das Jahr 2016 wird mit -16.075,43 € festgesetzt. Die Umsatzsteuer für 1-7/2017 wird mit - 5.163,20 € festgesetzt. Die Umsatzsteuer für 9/2017 wird mit 0,00 € festgesetzt.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem
Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des
Spruches dieses Erkenntnisses. -
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Angefochten sind die Bescheide, mit denen die Umsatzsteuer für a) das Jahr 2016, b) den
Zeitraum 1-7/2017, c) den Monat 9/2017 festgesetzt worden sind.
Aus der beim Bundesfinanzgericht am 6.5.2019 eingelangten Beschwerdevorlage (Vorlagebericht)
vom 6.5.2019 waren - wie folgt - die Sachverhaltsbeschreibung [mit Angabe der diesbezüglichen Beweismittel] und die
abgabenbehördliche Stellungnahme zum Vorlageantrag zu entnehmen:
SACHVERHALT
"Das Unternehmen "A-GmbH" hat Ihren Sitz in A-Platz, 1080 Wien, nunmehr seit XIII/2019
in B-Platz, 1080 WIEN. Die Gesellschafterin des Unternehmen lt aktuellen Unternehmensauszug
ist (noch) die B-GmbH, Geschäftsführer ist Herr N.N..
Die „A-GmbH“ ist Eigentümerin der Liegenschaft „A-Straße 4, 1160 WIEN“ (KG 01405 EZ
0000).
Mit XIII/2017 wurde mit der Errichtung eines Wohngebäudes mit entsprechenden Parkflächen
an der oben genannten Adresse begonnen, errichtet wurden 17 Wohneinheiten sowie 12
Parkplätze.
Ab der Veranlagung 2017 ist die A-GmbH gemeinsam mit C-GmbH und B-GmbH Teil einer
Gruppe, wobei B-GmbH als Gruppenträger fungiert.
Im Jahr 2017 fand eine Außenprüfung für den Zeitraum 6/2016 bis 7/2017 statt. Im Zuge
der Außenprüfung wurden die Vorsteuern aus der Errichtung des Wohngebäudes nicht anerkannt.
Gegen den am 24.11.2017 erlassenen Umsatzsteuerbescheid 2016 sowie gegen die jeweils
am 24.11.2017 durchgeführte Festsetzung der Umsatzsteuer für 01-07/2017 und der im
Zuge der Außenprüfung durchgeführte Festsetzung der Umsatzsteuer 09/2017 am 24.11.2017
wurde mit 27.12.2017 Beschwerde eingereicht.
Mit 11.04.2018 wurde ein Nachtrag zum Rechtsmittel eingebracht.
Mit 23.04.2018 wurde ein Ergänzungsersuchen betreffend der oben genannten Beschwerde
versendet, welches nach telefonischer Urgenz am 03.07.2018 beantwortet wurde.
Mit 17.10.2018 wurde eine abweisende BVE betreffend Umsatzsteuer 2016 sowie FSU 01-07/2017
und 09/2017 erlassen.
Im Zuge der abweisenden BVE wurden die FSU für den Zeitraum 10/2017, 12/2017, 02-05/2018,
07-08/2018 durchgeführt und die geltend gemachten Vorsteuern nicht anerkannt. Gegen
diese Bescheide wurde eine Beschwerde eingebracht.
Strittig ist, ob ein Vorsteuerabzug aus der Errichtung des Wohngebäudes vor Veräußerung
der Wohnungen möglich ist.
Für UVA-Folgezeiträume wurden nach analoger Nichtanerkennung der Vorsteuern ebenfalls
Rechtsmittel (Beschwerde) zur gleichen Fragestellung eingebracht.
Es erfolgte daher am 10.12.2018 ein Telefonat mit dem steuerlichen Vertreter um eine
eventuelle Aussetzung der Entscheidung gem. § 271 BAO für Folgezeiträume zu besprechen.
Im Zuge dieses Telefonates wurde vom steuerlichen Vertreter bekannt gegeben, dass
Herr N.N. als Geschäftsführer derzeit über den Verkauf des Unternehmen verhandelt.
Die Vorlage wurde daher nicht wie geplant im Dezember 2018 an das BFG durchgeführt,
sondern auf weitere Unterlagen gewartet.
Mit 16.12.2018 wurde die Umsatzsteuererklärung 2017 beim Finanzamt eingebracht.
Mit 19.01.2019 wurde eine (weitere) Ergänzung zur Beschwerde bzw. Vorlage eingebracht.
Aufgrund der Ergänzung ist ersichtlich, dass das Unternehmen A-GmbH durch die Alleingesellschafterin
B-GmbH an die A-Privatstiftung (mit 94 %) und die D-GmbH (mit 6 %) veräußert wurde.
(siehe Ergänzung bei Vorlageantrag).
Die Änderungen sind im Firmenbuch noch nicht ersichtlich.
Die A-Privatstiftung ist bereits Grundeigentümerin von mehreren landwirtschaftlich
genutzten Flächen sowie Wäldern in der Steiermark. Die D-GmbH ist bereits Grundeigentümerin
einer Liegenschaft in Graz. Im vorliegenden Vertrag wurde festgehalten, dass die neuen
Eigentümerinnen die Immobilie für Zwecke der Vermietung an Fremde Dritte erworben
haben.
Im XIII/2019 wurde seitens des rechtlichen Vertreters, Mag. N.N.N., der zukünftigen
Eigentümerin, A-Privatstiftung, bekannt gegeben, dass für Mai 2019 die Änderung des
Firmenbuches erwartet wird. Mit 29.04.2019 wurde eine Vorlagenurgenz beim BFG eingebracht."
BEWEISMITTEL
"Online-Inserate und Internetrecherchen betreffend der Wohnungen
Unterlagen der Außenprüfung
neue Beweismittel: Punkt "Unterlagen zur neuen Sachlage""
STELLUNGNAHME
- "Stellungnahme:
Gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG sind die Lieferungen von Grundstücken unecht von der Steuer befreit. In diesem Fall ist gem. § 12 Abs 3 UStG ein Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Gemäß § 6 Abs 2 UStG kann der Unternehmer einen steuerfreien Grundstücksumsatz als steuerpflichtig behandeln, Vorsteuern im Zusammenhang mit dem steuerpflichtig behandelten Umsatz sind in diesem Fall abzugsfähig. Will ein Unternehmer im Hinblick auf eine künftige Optionsausübung bereits vor der Ausführung des normalerweise unecht steuerfreien Umsatzes den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen, ist dies nur möglich, wenn er zweifelsfrei darlegen kann, dass bei Würdigung des vorliegenden Sachverhaltes am Maßstab des allgemeinen menschlichen Erfahrungsgutes und der Denkgesetze im Zeitpunkt des Bezuges der Vorleistung die Wahrscheinlichkeit einer bevorstehenden steuerpflichtigen Veräußerung mit größerer Sicherheit anzunehmen war als der Fall einer steuerbefreiten Veräußerung oder der Fall des Unterbleibens einer Veräußerung.
Nach Ansicht des Finanzamtes legen die dem Finanzamt vorliegenden Unterlagen und Beweise, dass die errichteten Wohnungen tatsächlich und ausschließlich mit Umsatzsteuer veräußert werden, und dem Umstand, dass das Unternehmen „A-GmbH“ bis dato keinerlei Projekte dieser Art abgewickelt hat und auch bei den dazugehörigen Gruppenmitglieder keine vergleichbare Unternehmensaktivität ersichtlich ist, ist nicht zweifelsfrei dar, dass die steuerpflichtige Veräußerung mit größerer Sicherheit anzunehmen ist als ein steuerfreie Veräußerung. Die Vorsteuern aus der Errichtung sind daher nicht abzugsfähig. Bis dato (Stichtag 07.12.2018 siehe vorgelegtes Dokument "Abfrage Dr. X.Y. am 07.12.18") wurde keine einzige Wohnung veräußert.
Auch unter Berücksichtigung der erhellender Handlungen in späteren Veranlagungszeiträumen ist aufgrund des zu beurteilenden Sachverhaltes für den Zeitraum 2016 bis 7/2017 sowie 9/2017, nicht erwiesen, dass eine gänzliche steuerpflichtige Veräußerung ausschließlich und zweifelsfrei geplant ist.
HINWEIS:
Aufgrund der neuen Informationen ist davon auszugehen, dass die Immobilie von den neuen Eigentümerinnen als Anlageobjekt gekauft wurde und die neu errichteten Wohnungen vermietet werden. Inserate, Mietverträge oder ähnliches liegen noch nicht vor. Als Nachweis der zukünftig geplanten Vermietung wird seitens des steuerlichen Vertreters auf den Punkt 9.8. des Vertrages zwischen B-GmbH sowie A-Privatstiftung und D-GmbH verwiesen. (Siehe Auszug Vertrag betreffend zukünftige Nutzung)
Nach Ansicht des Finanzamtes ist davon auszugehen, dass die Wohnungen tatsächlich für Vermietungszwecke erworben wurden und ein Vorsteuerabzug somit möglich wäre."
Der Beschwerde war somit gemäß § 279 BAO Folge zu gegeben, weil ein Unternehmer iSd
§ 2 UStG 1994 gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 dazu befugt ist, die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert
ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein
Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abzuziehen. In Hinblick auf
das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 7.10.2003, 2001/15/0085, zum § 12 UStG 1994, demzufolge die Voraussetzungen einer Berücksichtigung von Werbungskosten vor der
Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch für die steuerliche Abzugsfähigkeit
der Vorsteuern, bevor noch Entgelte im umsatzsteuerlichen Sinn aus Vermietung erzielt
werden (Hinweis VwGH 26.9.2001, 96/15/0231), gelten, können Vorsteuern nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes
(Hinweis VwGH 25.6.1997, 94/15/0227) unter Umständen bereits zu einem Zeitpunkt, bevor noch der Steuerpflichtige aus
einer Vermietung steuerpflichtige Umsätze im umsatzsteuerrechtlichen Sinn erzielt,
steuerliche Berücksichtigung finden.
Voraussetzung einer Berücksichtigung von Vorsteuern vor der Erzielung von steuerpflichtigen
Entgelten aus der Vermietung von Neubauwohnungen ist, dass die ernsthafte Absicht
zur späteren Erzielung von steuerpflichtigen Mietzinsen auf Grund bindender Vereinbarungen
oder sonstiger, über die Absichtserklärung hinaus gehender Umstände als klar erwiesen
angesehen werden kann. Der auf Vermietung des Objektes gerichtete Entschluss des Steuerpflichtigen
muss klar und eindeutig nach außen hin in Erscheinung treten. Dabei genügt es nicht,
wenn die Vermietung eines Gebäudes als eine von mehreren Verwertungsmöglichkeiten
bloß ins Auge gefasst und hiebei sondiert wird, ob sich das Gebäude günstiger durch
Verkauf oder Vermietung verwerten lässt (Hinweis VwGH 29.7.1997, 93/14/0132).
Die Gewissheit darüber, dass der auf Vermietung des Objektes gerichtete Entschluss
des Steuerpflichtigen klar und eindeutig nach außen hin in Erscheinung getreten ist,
verschafft die nachfolgende Ablichtung des in der abgabenbehördlichen Stellungnahme
zum Vorlageantrag unter "Hinweis" angesprochenen Vertragspunkt 9.8 in dem mit den
neuen Eigentümern des Hauses abgeschlossenen Vertrag:
Aufgrund der Aktenlage bestehen somit auch seitens des Bundesfinanzgerichts keine
Bedenken an der zukünftigen Nutzung der in Rede stehenden Neubauwohnungen nach Fertigstellung
für Bestandzwecke.
Der Sachverhalt und die Rechtsfolgen sind zwischen den Verfahrensparteien unstrittig.
- Die Umsatzsteuer für das Jahr 2016 wird festgesetzt mit -16.075,43 €
Bemessungsgrundlage für Lieferungen und sonstige Leistungen
(einschließlich Anzahlungen).................................................................0,00 €Davon sind zu versteuern mit: Bemessungsgrundlage Umsatzsteuer 20% Normalsteuersatz 0,00 € 0,00 € Summe Umsatzsteuer 0,00 € Gesamtbetrag der Vorsteuern -16.075,43 € -16.075,43 € Gutschrift 16.075,43 €
Der im angefochtenen Umsatzsteuerbescheid 2016 als bisher festgesetzter Guthabensbetrag ersichtliche Betrag von € 15.679,25 entspricht der Summe der eingereichten (und zunächst antragsgemäß verbuchten) Umsatzsteuervoranmeldungen. Die mit der Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2016 vom 25.9.2017 zusätzlich beantragten Vorsteuern in Höhe von 396,18 € ergeben den in der Beschwerde angeführten Gesamtbetrag der abziehbaren Vorsteuer in Höhe von -16.075,43 € und somit eine Abgabengutschrift iHv 16.075,43 €. - Die Umsatzsteuer für die Monate 1-7/2017 wird festgesetzt mit - 5.163,20 €
Bemessungsgrundlage für Lieferungen und sonstige Leistungen
(einschließlich Anzahlungen).................................................................0,00 €Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Lieferungen, sonstigen Leistungen und Eigenverbrauch (einschl. steuerpflichtiger Anzahlungen) 0,00 € Summe Umsatzsteuer 0,00 € Gesamtbetrag der Vorsteuern 1-7/2017 -5.163,20 € Gutschrift 5.163,20 €
- Die Umsatzsteuer für 9/2017 wird festgesetzt mit 0,00 €
Bemessungsgrundlage für Lieferungen und sonstige Leistungen (einschließlich Anzahlungen) 0,00 € Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Lieferungen, sonstigen Leistungen und Eigenverbrauch (einschließlich steuerpflichtiger Anzahlungen) 0,00 € Summe Umsatzsteuer 0,00 € Innergemeinschaftliche Erwerbe Gesamtbetrag der Bemessungsgrundlagen 469,75 € Gesamtbetrag der steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerbe 469,75 € Davon sind zu versteuern mit: Bemessungsgrundlage Umsatzsteuer 20% Normalsteuersatz 469,75 € 93,95 € Summe Erwerbsteuer 93,95 € Summe Umsatzsteuer (wie oben) 0,00 € Summe Erwerbsteuer (wie oben) +93,95 € Gesamtbetrag der Vorsteuern (ohne nachstehende Vorsteuern) 0,00 € Vorsteuern aus dem innergemeinschaftlichen Erwerb -93,95 € Festgesetzte Umsatzsteuer 0,00 €
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Mangels strittiger Rechtsfrage ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Wien, am 1. August 2019
Zusatzinformationen
in Findok veröffentlicht am: | 16.08.2019 |
Materie: |
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betroffene Normen: | |
Verweise: | |
ECLI: |
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Schlagworte: | Vorsteuerabzug, Vorweggenommene Betriebsausgaben |
Systemdaten: | Findok-Nr: 124958.1 aufgenommen am: 16.08.2019 11:24:59 Dokument-ID: 7902a5d7-315d-41fa-9e2d-fff0c58b284a Segment-ID: d630d6dc-ca07-4a42-b2b0-133379596e20 |
